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Von – 2. November 2012

Mehr als eine orientalische Schönheit

Die Königin von Saba zwischen Klischee und Vorbild für den Dialog: Zum Auftakt der Frankfurter Interkulturellen Wochen beschäftigte sich ein Abend in der Evangelischen Akademie am Römerberg mit der sagenumwobenen Herrscherin.

Die Begegnung zwischen der Königin von Saba und König Salomon, so wie sie der Maler Giovanni Demin (1789-1859) gesehen hat. Foto: Sheba_demin / Wikipedia

Sie hat viele Namen: Im Islam heißt sie Bilkis und Azis, die äthiopische Kirche verehrt sie als Makeda. In der Bibel hingegen bleibt sie namenlos, benannt ist sie nur nach dem magischen Ort, den sie beherrschte: die Königin von Saba. Um diese kluge, weise, mächtige und reiche Herrscherin ging es zum Auftakt der Interkulturellen Wochen bei einem „trialogischen Abend“ von Judentum, Christentum und Islam in der Evangelischen Akademie am Römerberg.

Sowohl Bibel als auch Koran schildern die Begegnung

Wofür die „heidnische“ Königin berühmt war – den Dialog auf Augenhöhe mit dem mächtigen und weisen jüdischen König Salomon – wurde im vollbesetzten Saal der Akademie auf besondere Weise spürbar. Sowohl in der Bibel als auch im Koran ist diese Begegnung geschildert, und auch in späteren Jahrhunderten wurde sie künstlerisch aufgegriffen. So intonierte ein interreligiöser Projektchor an diesem Abend Auszüge aus Händels Oratorium „Solomon“, wofür Kantorin Bettina Strübel einen Ausschnitt bearbeitet hatte. Der englische Ursprungstext war ins Hebräische und Arabische übertragen worden, sodass Händels „Praise the Lord“ auch in Arabisch und Hebräisch erklang. So konnte der Chor ein Stück von dem Gleichklang intonieren, den die Königin von Saba und Salomon bei ihrer Begegnung in erlebt haben mögen.

Mal wird die Königin von Saba als arabische Königin im Jemen, mal als schwarze afrikanische Königin südlich von Äthiopien verortet. Laut Koran antwortete sie auf einen bösen Brief Salomons, der sich über die Sonnenanbetung der Sabäer empörte, nicht mit Krieg, wie es ihre Berater vorschlugen, sondern mit kostbaren Geschenken, die sie persönlich überbrachte. Rabeya Müller vom Kölner Zentrum für islamische Frauenforschung sagte bei der anschließenden Podiumsdiskussion, auf diese Weise habe die Königin von Saba nicht nur ihr Volk vor Krieg bewahrt, sondern, nachdem sie Salomons Weisheit getestet hatte, auch den Monotheismus angenommen.

Unabhängige Frau mit „behaarten Beinen“

Rabbinerin Elisa Klapheck berichtete aus der rabbinischen Überlieferung, die die Königin von Saba als unabhängige Frau darstellt, deren Beine so stark behaart gewesen sein sollen, dass sie manchmal gar als Mann gedeutet wurde. In jedem Falle sei sie nicht verheiratet gewesen, unabhängig und klug, und habe König Salomon tief beeindruckt. „Das Judentum und eine Vorform des Feminismus gehen in diesen Deutungen zusammen“, glaubt Klapheck.

Die katholische Theologin Zuzana Hrašová berichtete von der äthiopischen Kirche, die sich auf die Königin von Saba bezieht, weil Menelik, ihr gemeinsamer Sohn mit König Salomon, diese Kirche begründet haben soll. In der westlichen Kirche sei die Königin von Saba zunächst als Salomon ebenbürtig dargestellt worden. Erst später wurde sie als unter Salomons Thron stehend abgebildet und in die Klischeerolle der orientalischen Schönheit gepresst.

Kein Konkurrenzkampf der Religionen

„Die Königin von Saba fordert eine neue Sichtweise heraus. Sie könnte den Anfang für eine multireligiöse Begegnung bilden, die die Verschiedenheit zulässt“, formuliert Rabbinerin Elisa Klapheck. Hrašová ergänzte: „Es gibt keinen Konkurrenzkampf, das Nebeneinander ist ein sehr guter Ansatz für einen Dialog.“ Und Müller betonte: „Sie ist die einzige Frau im Koran, die ich kenne, die nicht über einen Mann definiert wird. Sie steht für das Frausein und für weibliche Weisheit.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 2. November 2012 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe , .

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Susanne Schmidt-Lüer ist Redakteurin und schreibt vor allem über Sozialpolitik, Kirche, Alter und wirtschaftspolitische Themen.