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Von – 25. Januar 2013

Gemeinsames Sorgerecht ist praktikabel

Alleiniges Sorgerecht oder gemeinsames? Vor dieser Frage stehen vor allem Frauen, die schwanger sind oder sehr kleine Kinder haben, aber nicht mit dem Vater des Kindes zusammenleben. Ein geplantes Gesetz soll nun auch in solchen Fällen das gemeinsame Sorgerecht zum Normalfall machen. Will sie das nicht, muss die Mutter explizit widersprechen.

Foto: detailblick / Fotolia.com

Judith Rosner vom Evangelischen Zentrum für Beratung in Höchst findet den gesellschaftlichen Trend, auch bei nicht ehelichen Kindern darauf zu achten, dass beide Elternteile Verantwortung übernehmen, prinzipiell gut: „Für die Kinder ist es das Beste, wenn beide Eltern ihrer Sorgepflicht nachkommen und sie Kontakt zu beiden haben“, sagt Rosner.

Allerdings gebe es auch Fälle, in denen ein gemeinsames Sorgerecht problematisch ist. „Wenn sich die Eltern in jeder Frage, ob es um Kindergarten, Schule oder ärztliche Behandlung geht, bis aufs Messer streiten, kriegen die Kinder  das mit“, sagt Rosner. Sie schätzt solche „chronifizierten Paarkonflikte“ auf fünf bis zehn Prozent aller Trennungsfälle.

„Umgangsverweigerung“ ist ein häufiges Thema in der Beratung

Ist die Situation derart verfahren, sei es der pragmatischere Weg, wenn nur ein Elternteil das Sorgerecht hat – auch um  zu verhindern, dass letzten Endes die Kinder selbst aus reiner Verzweiflung die Reißleine ziehen. Denn um dem Dauerstress zu entgehen, weigern sie sich oft, einen Elternteil überhaupt noch zu sehen. Eine solche „Umgangsverweigerung“ sei häufiges Thema in der Familienberatung, sagt Rosner.

Abzuraten sei von einem gemeinsamen Sorgerecht auch dann, wenn es bereits Gewalt und Missbrauch gegeben hat oder „querulatorisch Entscheidungen torpediert“ wurden. Besonders problematisch sei es, wenn sorgeberechtigte Elternteile den Kontakt abbrechen: „Dann sind den Alleinerziehenden die Hände gebunden, weil sie viele Angelegenheiten die Unterschrift des anderen brauchen“, warnt Rosner.

„Auch mal großzügig und gnädig sein“

Wenn jedoch auf beiden Seiten guter Wille und Verantwortungsbewusstsein da ist, ist ein gemeinsames Sorgerecht auch dann praktikabel, wenn die Eltern nicht (mehr) zusammenleben. Aber woran merkt man es, ob ein Konflikt dabei ist, sich zu einem Dauerstreit zu verfestigen? „Wenn man den anderen nur noch negativ sieht, verteufelt und alles Schlechte ihm zuschreibt,  wenn man sich nicht mehr auf die Perspektive des Kindes einlassen kann“, sagt Rosner.

Vor allem der Seite, von der die Trennung ausging, rät die Therapeutin, „auch mal großzügig und gnädig zu sein“ – denn vielleicht hat der andere einfach die Trennung noch nicht verwunden. Im Fall häufiger Streitereien sei auch der Weg zu einer Beratungsstelle sinnvoll: „Der dritte Blick von außen kann manchmal helfen kann, das eigene Verhalten zu überdenken.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 25. Januar 2013 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe , .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.