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Von – 20. September 2013

Kapitäninnen an Bord!

Die Werbung preist oft spezielle Spielsachen für Jungen und Mädchen an, so als würden die einen nur auf Action und die anderen nur auf Glitzer stehen. Doch dagegen regt sich Widerstand. Denn Schubladendenken und Klischees werden der Weite und Vielfalt der Realität nicht gerecht.

Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer ist Leiterin des Evangelischen Frauenbegegnungszentrums. Foto: Ilona Surrey

Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer ist Leiterin des Evangelischen Frauenbegegnungszentrums. Foto: Ilona Surrey

Zum sechsten Geburtstag wünschte sich mein Sohn ein Playmobil-Schiff. Nicht das Polizeiboot oder das Piratenschiff (das hat er schon!) – nein, es sollte die Elfenbarke sein: eine traumhafte rosarote Barke mit Ornamenten und Glitzeraufklebern, Blumen und kleinen Laternen, Pfau und Schnee-Eule. Die Kapitäninnen darauf sind zwei Playmobil-Feen mit auswechselbaren Schmuckstücken und durchscheinenden Elfenflügeln zum Anstecken.

Er hat die Barke bekommen, von meiner Mutter – das hat mich gefreut und auch ein wenig stolz gemacht. Aber viel wichtiger: Er war so glücklich, als er das Geschenk ausgepackt hat, hat gleich alles zusammengebaut und selig bewundert. Die Barke bekam einen Ehrenplatz auf dem Geburtstagstisch und stand da auch noch, als die kleinen Gäste zum Feiern kamen. Die folgende Diskussion zwischen Sechsjährigen darüber, warum es problematisch ist, Spielsachen in Mädchen- und Jungensachen einzuteilen, hat mich beeindruckt.

Und wieder einmal wusste ich, warum ich darauf bestehe, dass Feminismus kein alter Zopf ist oder sich schon längst überholt hat. Eine gerechte Gesellschaft beginnt bereits im Spiel der Kinder, und zu Recht ärgern sich viele Eltern, wenn schon die Kleinsten in Klischees gepresst werden. Ich freue mich, dass sich da etwas tut. Ob nun mit der „Aufschrei“-Debatte im Internet gegen Sexismus im Alltag oder anderen Aktionen. Auf der Internetseite www.werbrauchtfeminismus.de finden sich zahlreiche Statements von Frauen und Männern, die deutlich machen: Es gibt noch viel zu tun.

Wer sagt, dass nur Mädchen mit Puppen spielen dürfen? Schon früh werden Kinder auch heute noch mit festen Vorgaben für ihr Geschlecht konfrontiert. Dabei sind die Menschen vielfältiger, als sich mit den zwei Kategorien von „männlich“ und „weiblich“ beschreiben lässt. Foto: Ella Hartmann

Wer sagt, dass nur Mädchen mit Puppen spielen dürfen? Schon früh werden Kinder auch heute noch mit festen Vorgaben für ihr Geschlecht konfrontiert. Dabei sind die Menschen vielfältiger, als sich mit den zwei Kategorien von „männlich“ und „weiblich“ beschreiben lässt. Foto: Ella Hartmann

Dabei haben sich die Themen gar nicht so sehr verändert. Es ist nicht sinnvoll, „alte“ und „junge“ Feministinnen zu trennen. Sicher, es gibt Unterschiede bei dem, was war, was jetzt dran ist und was werden könnte. Und es gibt unterschiedliche Lebenswelten, Traditionen und Ansätze. Es gibt aber auch vieles, was die verschiedenen Frauengenerationen verbindet und was sie voneinander lernen können. Es ist deshalb ärgerlich, wenn sich Feministinnen manchmal gegenseitig nicht wirklich wahrnehmen und ernst nehmen.

In der Bibel heißt es: „Ihr seid alle Gottes Töchter und Söhne in Jesus Christus durch den Glauben. Hier sind die Menschen nicht unterschieden in jüdische oder griechische, in versklavte oder freie, in Männer oder Frauen; denn ihr bildet alle eine Einheit in Christus Jesus.“ (Galater 3,26ff). Das drückt aus, was die Menschen vor fast 2000 Jahren am christlichen Glauben fasziniert und überzeugt hat. Nämlich: Es geht nicht um die Unterschiede, sondern um das, was uns verbindet. Alle müssen sich gleichwertig einbringen können.

Es klingt schwierig, ja, fast unmöglich zu erreichen, dass wirklich alle gleichwertig miteinander leben können. Und doch: So soll es sein! Wir sind nicht alle gleich – Gott sei Dank! Das macht die Welt spannend und bunt. Aber worin vielleicht Unterschiede bestehen, das darf nicht verbunden werden mit unterschiedlichen Chancen, sich zu entfalten und in die Gemeinschaft einzubringen. Überall, wo Menschen mit dieser Überzeugung ernst machen, wird das ein Stück weit erfahrbar.

Und deshalb gebe ich mich nicht zufrieden mit Schubladendenken und Festlegungen, die der Weite und Vielfalt unserer Realität nicht gerecht werden. Und ich freue mich, wann immer angebliche Normen und Hierarchien einfach nicht zu greifen scheinen, wenn sie erweitert und hinterfragt werden. Zum Beispiel, wenn Kinder die Elfenköniginnen von Playmobil gendersensibel diskutieren und würdigen können. Und dann das Miteinander wichtiger wird als die Frage, ob ein rosafarbenes Boot mit Glitzer und Pfau nun „Mädchensache“ ist.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 20. September 2013 in der Rubrik Ethik, Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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