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Von – 30. Oktober 2013

Ein Pastor und ein Imam gewinnen den hessischen Friedenspreis 2013

Aus erbitterten Feinden wurden Wegbereiter für Frieden und Vergebung: James Wuye und Muhammad Ashafa berichteten in der Evangelischen Akademie Frankfurt von ihrer Arbeit.

Muhammad Ashafa (links) und James Wuye werden heute mit dem Hessischen Friedenspreis ausgezeichnet. Vorgestern stellten Sie ihre Friedensarbeit in der Evangelischen Akademie Frankfurt vor. Foto: Rolf Oeser

Muhammad Ashafa (links) und James Wuye werden heute mit dem Hessischen Friedenspreis ausgezeichnet. Vorgestern stellten Sie ihre Friedensarbeit in der Evangelischen Akademie Frankfurt vor. Foto: Rolf Oeser

James Wuye und Muhammad Ashafa waren erbitterte Feinde. Wuye, christlicher Pfarrer, hatte sich nach dem durch die Ölkrise ausgelösten wirtschaftlichen Zusammenbruch Nigerias der christlichen Miliz angeschlossen, „um seine Kirche zu schützen“, wie er sagt. Im Kampf gegen muslimische Truppen verlor er 1992 seine rechte Hand.

Zu diesen Muslimen gehörte auch der Imam Ashafa, dem damals „alles Westliche zutiefst suspekt“ war, wie er heute sagt. Bei den Kämpfen wurden sein 70 Jahre alter Mentor sowie zwei seiner Vettern getötet. Gegenseitiger Hass und Feindschaft auf ewig schienen vorprogrammiert.

Doch dann besann sich Muhammad Ashafa auf die vergebensbereite Haltung Mohammeds und die Friedensbotschaft des Korans. Er besuchte Wuyes Mutter, als sie schwerkrank im Krankenhaus lag, und sprach dem Pastor nach ihrem Tod sein Beileid aus. Der war beeindruckt. Obwohl er Angst hatte, getötet zu werden, besuchter er bald zum ersten Mal Ashafas Moschee.

Auf diese Weise freundeten sich der Pastor und der Iman im Lauf der Zeit an. Wuye wollte zwar noch lange Rache für den Verlust seiner Hand, und der Imam trauerte um seinen Mentor. Dennoch gründeten sie ein christlich-islamisches Versöhnungszentrum und predigten vor ihren jeweiligen Gemeinden „Frieden durch Vergebung“.

Das Zentrum bildet Konfliktmediatorinnen und –meditatoren aus, in jeder Gruppe seien mindestens 40 Prozent Frauen, betont Wuye. Außerdem reisen Wuye und Ashafa gemeinsam mit dem Auto in Unruhegebiete, erzählen ihre Geschichte, leiten Workshops und Seminare zur friedlichen Konfliktlösung und lesen aus Koran und Bibel.

Für ihre Friedensarbeit bekamen sie jetzt den mit 25000 Euro dotierten hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung. In der Evangelischen Akademie am Römerberg stellten sie ihre Arbeit vor und berichteten von der Situation in Nigeria. Das Land lebt vor allem von seinen Rohstoffen: Erdöl und Diamanten. Doch mehr als die Hälfte der Bevölkerung muss mit weniger als einem US-Dollar am Tag auskommen, und der Staat ist korrupt.

Im Norden des Landes hat sich vor gut zehn Jahren eine muslimische Sekte „Boko Haram“ formiert (was so viel bedeutet wie „Bücher in Lateinschrift sind Sünde“), die gezielt arbeitslose junge Männer rekrutiert. Die Terrorgruppe habe mittlerweile den ganzen Staat unterwandert, und arbeite dabei so geheim, dass oft der eigene Vater nicht weiß, dass sein Sohn Mitglied ist, berichten die Friedenspreisträger.

Wuye und Ashafa reden mit allen: Arbeitslosen jungen Männern, der Regierung und der Polizei. Sie arbeiten außerdem an einer Gesetzesvorlage die Hass-Reden verbieten soll – nicht nur die von  religiösen Führern, sondern auch von Politikern. Ashafa beschreibt seinen Traum so: „In Nigeria leben 250 Ethnien, aber wir hoffen jeden Tag, dass die Zukunft großartig wird.“

Spontan erhob sich ein begeisterter junger Imam aus einer Frankfurter muslimischen Gemeinde und fragte, ob Pastor und Iman aus Nigeria während ihres Frankfurt-Besuches nicht auch zu den Jugendlichen in seiner Gemeinde sprechen könnten. Ihr großartiges Beispiel täte auch ihnen sehr gut.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 30. Oktober 2013 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".