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Von – 4. Februar 2014

Der Karrieretipp: Ab in den Wald!

Karriere machen ist nicht schlecht. Man bekommt mehr Geld, kann gute Ideen verwirklichen. Selbst in den Kirchen gibt es Leitungsämter, mögen da alle gleichrangig als Kinder Gottes gelten. Aber jemand muss das Leben der Kinder regeln. Nur wer?

Georg Magirius ist freier Schriftsteller. Er lebt in Frankfurt am Main. Foto: Regina Westphal

Georg Magirius ist freier Schriftsteller in Frankfurt am Main. Foto: Regina Westphal

Der Kleinste sei der Größte, lautet ein Karriertipp von Jesus. „Vor allen Großen nimmt er ein Kind in kurzen Hosen“, hat Friedrich Karl Barth gereimt. Problem: Der Tipp ist fürs Himmelreich gedacht.

Für die Karriere in irdischen Gefilden gilt eher: Tutor, Mentor, Karriereberater nehmen. Rhetoriktraining buchen. Kontakte sammeln.  Hände schütteln. So geht es Schritt für Schritt nach oben. Und die kurzen Hosen? Sind längst abgelegt.

Nicht vergessen: Nehmerqualitäten ausbilden, austeilen lernen, Steherqualitäten entwickeln! So soll laut Presseberichten ein gewisser Bischof schon wieder in Limburg sein. In der Privatkapelle feiere er die Messe mit seinen Vertrauten, vielleicht ja bald auch wieder im Dom. Wer aber sind die Seinen? Etwa der Fahrer, der für ihn koche. Auch er hat Karriere gemacht, einem Weihbischof vergleichbar werde er bezahlt, heißt es.

Ein tierischer Laufbahnberater

Aber was ist schon der Bischof eines kleinen Bistums gegenüber einem Metropoliten: Sergi, wird erzählt, hat eine größere Karriere gemacht. Er will in den Wald, weil er das Schweigen liebt. Er betet imd kämpft mit wilden Tieren. Sein Karriere-Tutor ist ein Bär. Waldliebhaber Sergi legt ihm Brot auf einen Baumstumpf. Der Bär frisst es und schaut den Waldgenossen freundlich an. So lernt Sergi auszuteilen – und nicht nur einmal. Selbst als er fast nichts zu essen hat, gibt er dem Gefährten ab.

Kommt der nächste Bischof aus dem Wald? Foto: Georg Magirius

Kommt der nächste Bischof aus dem Wald? Foto: Georg Magirius

Sergi findet Autorität und Anhänger. Da kommen welche, die wollen ihn zum Lehrer haben. Sie bitten, drohen ihm. Sergi bleibt. Erst als sie gehen, gibt er nach. Da hat er ein Amt. Sein Aufstieg klingt wie eine Persiflage auf die heutige Ämterlaufbahn. Denn innerhalb von drei Tagen wird er unter den Lehren des Bischofs vom Laien zum Subdiakon, vom Subdiakon zum Priester, vom Priester zum Abt ausgebildet.

Metropolit in kurzen Hosen

Bald wird seine Autorität angezweifelt. Diese Karrierverfahren war wohl auch im 14. Jahrhundert nicht allen geheuer. Dank des Waldaufenthalts hat Sergi nun aber wilde Nehmer- und Steherqualitäten entwickelt, könnte man denken. Eine Hausmacht hat er aufgebaut, indem er denen, die für ihn sein wollen, wiederum signalisiert hat, etwas für sie zu tun.

Doch nein! So ist es nicht, erzählt die Vita des in Russland sehr verehrten Sergi. Als er angezweifelt wird, verschwindet er in die Wälder. Dort schweigt er wieder, betet, träumt. Erneut findet man ihn. Er wird Metropolit. Ausgerechnet er! Ein Kind in kurzen Hosen.

Georg Magirius bietet seit 2009 in der Reihe GangART spirituelle Tages-Wanderungen in Wäldern und Weinbergen an.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 4. Februar 2014 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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Georg Magirius ist Theologe und Schriftsteller und Kolumnist bei "Evangelisches Frankfurt". Mehr unter www.georgmagirius.de.