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Von – 22. April 2014

Jugendliche haben jede Menge „Theologie im Kopf“

Das Vaterunser und die Zehn Gebote auswendig lernen, brav jeden Sonntag in die Kirche gehen und einmal die Woche Frontalunterricht mit Pfarrer – die Zeiten, in denen Jugendliche so auf die Konfirmation vorbereitet wurden, sind lange vorbei.

Konfi-Party in der Jugendkulturkirche Sankt Peter. In Frankfurt gehen nur noch 15 Prozent eines Jahrgangs zur Konfirmation. Doch die Bedürfnisse und Fragen von Jugendlichen haben trotzdem theologischen Gehalt. Foto: Ilona Surrey

Konfi-Party in der Jugendkulturkirche Sankt Peter. In Frankfurt gehen nur noch 15 Prozent eines Jahrgangs zur Konfirmation. Doch die Bedürfnisse und Fragen von Jugendlichen haben trotzdem theologischen Gehalt. Foto: Ilona Surrey

Gründlich verändert hat sich der Konfirmationsunterricht – der auch längst nicht mehr so heißt, wie Uwe Martini, der Direktor des Religionspädagogischen Instituts der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, betont: „Wir sprechen heute von Konfirmandenarbeit oder von Konfirmandenzeit.“ Nicht um bloßes Lernen gehe es nämlich, sondern um „Theologisieren mit Jugendlichen“. Irgendwie geartetes christliches Grundwissen kann man dabei allerdings nicht voraussetzen. „In den Familien wird nichts mehr transportiert“, sagt Martini. Viele Jugendliche, die sich zur Konfirmation anmelden, waren noch nie zusammen mit ihren Eltern oder Großeltern in einem Gottesdienst. Sie haben nie vor dem Essen oder vor dem Einschlafen gebetet, niemand hat ihnen jemals aus der Bibel vorgelesen oder von Gott erzählt.

Die alte Faustregel, wonach Jugendliche „aus der Kirche herauskonfirmiert“ werden, gilt nicht mehr: Sie waren nie wirklich drin. Martini sieht darin durchaus eine Chance. „Christliche Inhalte sind für Jugendliche heute keine abgeleierten Sachen mehr.“ Gerade deshalb kann das, was die Pfarrerin oder der Pfarrer zu sagen hat, Neugier wecken. „Wörter wie Gott oder Segen sind für sie etwas Neues“, sagt Martini. „Gerade die Sperrigkeit der Begriffe kann attraktiv sein.“

Nur noch 15 Prozent eines Jahrgangs werden in Frankfurt konfirmiert

Allerdings wird der Kreis derer, die sich überhaupt noch zur Konfirmation anmelden, kleiner. Vor allem in Großstädten. Im Jahr 2012 sind in Frankfurt nur noch 855 Jungen und Mädchen konfirmiert worden, das waren gerade mal 15 Prozent ihres Jahrgangs. 1980 gab es hingegen noch über 3000 Konfirmandinnen und Konfirmanden, das ist ein Rückggang von über 70 Prozent. Zum Vergleich: Die Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche generell sind im selben Zeitraum nur um 47 Prozent gesunken.

Es scheint auch nicht wirklich Trend zu sein, dass evangelische Eltern ihre Kinder nicht mehr taufen lassen. Der Rückgang der Kindertaufen in Frankfurt beträgt jedenfalls zwischen 1980 und 2012 nur 40 Prozent.

Trotzdem haben Jugendliche „Theologie im Kopf“

Konfirmiert zu werden hingegen ist keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern eine bewusste Entscheidung. Das muss nicht schlecht sein. „Natürlich kann ich die Jugendlichen nicht einfach mit meinen Inhalten bombardieren, sondern muss ihnen gegenüber selbst neugierig sein“, sagt Uwe Martini. Und Anknüpfungspunkte finden, die mit ihrem Leben und ihren Fragen zu tun haben. Allzu schwer ist das eigentlich nicht: „Jugendliche sind zwar nicht mehr christlich sozialisiert, aber sie haben trotzdem Theologie im Kopf. Sie haben Vorstellungen vom Jenseits und von Richtig und Falsch, sie haben Hoffnungsphantasien, nur haben sie das alles nicht im Gegenüber zur Kirche oder zur christlichen Tradition entwickelt.“

Das sei aber kein spezielles Problem von Jugendlichen, sondern betreffe die Kirche generell, betont Martini. „Auch viele Erwachsene, teilweise sogar solche, die zur Kerngemeinde gehören, können mit vielen christlichen Begriffen nichts mehr anfangen.“ Der Unterschied ist nur, dass man sich im Gespräch mit Jugendlichen noch viel weniger um diese Erkenntnis herummogeln kann. Und das kann ja auch sein Gutes haben.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 22. April 2014 in der Rubrik Gott & Glauben, erschienen in der Ausgabe , .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.