Mehr Kontrolle oder mehr Toleranz? Eine kontroverse Debatte über Sexarbeit in Deutschland und die Novellierung des Prostitutionsgesetzes gab es in der Weißfrauen Diakoniekirche. Eingeladen hatten die Frankfurter Zonta-Clubs.
Männer, die Sex kaufen, werden in Schweden seit fast 15 Jahren strafrechtlich belangt. Ein Ende der Prostitution hat das freilich nicht bewirkt. Vielmehr werden sexuelle Dienstleistungen dort nun unter der Hand erbracht und etwa als „Nachbarschaftshilfe“ deklariert. In Deutschland hingegen schlug die Politik die gegenteilige Richtung ein: Seit 2002 gewährt eines der weltweit liberalsten Gesetze Prostituierten unter anderem Zutritt in die Kranken- und Sozialversicherung.
Thomas Metz vom hessischen Justizministerium sieht seitdem die rechtliche Lage von Sexarbeiterinnen verbessert. Alle Erwartungen habe das Gesetz jedoch nicht erfüllt. Der Staatssekretär hielt den Impulsvortrag bei einem Diskussionsabend, zu dem die Frankfurter Zonta-Clubs unter dem Motto „Das geht uns alle an: Prostitution im Deutschland“ in die Weißfrauen Diakoniekirche eingeladen hatten. Anlass war die anstehende Novellierung des Prostitutionsgesetzes, die derzeit in Berlin beraten wird.
Die Situation in Deutschland hat sich zugespitzt
Vor allem, was die Bekämpfung von Begleitkriminalität, Zuhälterei und unwürdigen Arbeitsbedingungen anbelangt, gebe es noch viel zu tun, sagte Metz. Die Öffnung der Grenzen nach Osteuropa und die restriktive Gesetzgebung in den Nachbarländern Deutschlands – auch in Frankreich ist Sexkauf verboten – habe die Situation in Deutschland zugespitzt.
Auch die Mitarbeiterinnen der evangelischen Beratungsstelle für Prostituierte „Tamara“ verzeichnen seit 2007 einen deutlichen Anstieg von Osteuropäerinnen. Mit Fällen von Zwangsprostitution hatte Fabienne Zwankhuizen bislang jedoch nicht zu tun. Dabei leiste man in der Einrichtung „viel aufsuchende Arbeit“ und besitze „Zugang zu allen Bordellen, Clubs und Wohnungen“. Nach Beobachtung der Sozialarbeiterin arbeitet „ein Großteil der Frauen selbstbestimmt und freiwillig“, wenn auch aufgrund von materieller Not. Es sei aber in der Regel die Entscheidung der Frau selbst, sich lieber zu prostituieren als etwa einen schlecht bezahlten Putzjob zu machen.
Anmeldepflicht könnte sich als „Hurenregister“ entpuppen
An manchen Stellen geht Zwankhuizen die geplante Gesetzesnovellierung zu weit. So könne sich die geplante Anmeldepflicht schnell als „Hurenregister“ entpuppen, sagte sie bei der Diskussionsrunde in der Weißfrauenkirche. Der Frankfurter Kriminalhauptkommissar Jürgen Benz dagegen verspricht sich davon einen „besseren Überblick“. In Frankfurt seien täglich zwischen 1200 und 1500 Prostituierte tätig, schätzt er, das Rotlichtmilieu sei „extrem abgeschottet und von Strohmännern geprägt“. Es lasse sich kaum herausfinden, ob Frauen zur Sexarbeit gezwungen werden. Viele hätten aufgrund ihrer Erfahrungen in den Heimatländern kein Vertrauen zur Polizei.
Die Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrerin Esther Gebhardt, hatte in ihrem Grußwort die „gesellschaftliche Doppelmoral im Umgang mit Sexualität von Frauen und Männern“ kritisiert. Prostitution sei die kommerzielle Ausnutzung von materieller Not vieler Frauen. Dieses Geschäft abzulehnen sei nicht dasselbe, wie die Verächtlichmachung von Prostituierten.