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Von – 22. Oktober 2014

Sex unter Verwandten

Das Verbot der Ehe unter Verwandten ist ein sehr altes Tabu, das es in fast allen Kulturen gibt. Im Alten Testament hat es sich nur allmählich und offenbar mit Einschränkungen durchgesetzt.

Inzest in der Bibel: Lots Töchter machten ihren Vater betrunken, damit sie mit ihm Sex haben und schwanger werden können. Hier auf einem Gemälde aus dem 16. Jahrhundert.

Inzest in der Bibel: Lots Töchter machten ihren Vater betrunken, damit sie mit ihm Sex haben und schwanger werden können. Hier auf einem Gemälde aus dem 16. Jahrhundert.

Sex unter Geschwistern ist in Deutschland verboten – doch kürzlich hat der Ethikrat empfohlen, das so genannte „Inzestverbot“ aufzuheben. Es sei nicht mehr zeitgemäß, eine einvernehmliche Beziehung zwischen zwei Erwachsenen prinzipiell zu verbieten.

In der Bibel spielen bei der Beurteilung der Verwandtenehe sowohl soziale Gesichtspunkte als auch die Zweckmäßigkeit eine Rolle. In der nomadischen oder halbnomadischen Lebensweise waren Menschen meist nur mit Familienangehörigen unterwegs, Partnerinnen oder Partner von außen standen praktisch nicht zur Verfügung. Daher war es nicht ungewöhnlich, eine Verbindung zum Beispiel mit einer Halbschwester oder einem Halbbruder einzugehen, wie Abraham und Sara (1. Mose 20,12).

Auch Lots Töchter fürchteten angesichts des Untergangs von Sodom und Gomorrha, ohne Männer und damit ohne Kinder zu bleiben. Sie machen ihren Vater betrunken, damit er sie beide schwängert (1. Mose 19,30ff). Die Söhne, die aus dieser Verbindung hervorgingen, wurden die Stammväter der Moabiter und Ammoniter, zweier Völker, die später immer wieder in Konflikt mit Israel gerieten.

Eine klare Ablehnung der Verwandtenehe findet sich in 3. Mose 18 innerhalb eines Kataloges aus jüngerer Zeit, der Vergehen gegen Gottes Heiligkeit auflistet. Hier wird Geschlechtsverkehr mit Vater oder Mutter verboten, zudem sind Stiefmutter, Schwester, Halbschwester, Tochter, Enkelin, Schwiegertochter und Schwägerin für einen Mann tabu.

Zum einen grenzen sich die Israeliten so von der kanaanitischen Kultur ab. Zum anderen ist es nicht sinnvoll, Familienzweige miteinander zu vermischen, wenn eine Großfamilie aus vier Generationen so eng zusammenlebt. Das kann zu Spannungen führen, außerdem ist ja damit zu rechnen, dass aus jeder Verbindung Kinder entstehen, was gravierende Erbschaftsprobleme nach sich zieht. Eine Partnerin von außerhalb hingegen vergrößert den Clan und ist daher sozial vorteilhaft.

Die zahlreichen alttestamentlichen Erzählungen über sexuelle Beziehungen unter Verwandten zeigen allerdings, dass dieses „Heiligkeitsgesetz“ mehr ein Ideal als die Wirklichkeit beschreibt.

Im Neuen Testament wird das Thema kaum angesprochen. Im ersten Korintherbrief (5,1ff) kritisiert Paulus allerdings, dass ein Mann aus der korinthischen Gemeinde seine Schwiegermutter zur Frau genommen hat, was nach dem jüdischen Heiligkeitsgesetz verboten ist. Paulus beruft sich dabei aber auch auf römisches Recht und mahnt die Vorbildlichkeit eines christlichen Lebens an.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 22. Oktober 2014 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.