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Von – 27. November 2014

Wenn Großeltern die Enkel verlieren

Der damals siebenjährige Jakob und die fünfjährigen Zwillinge Jan und Max waren aus dem Leben ihrer Oma Annemie Wittgen nicht wegzudenken. Manchmal pustete sie täglich auf blutige Knie, wischte Schnupfnasen und tröstete, wenn es Kummer gab im Kindergarten. Bis zu dem Tag, an dem Wittgens Schwiegertochter sich von ihrem Sohn trennte, und daraufhin zu ihr, der Oma, sagte: „Ich möchte nicht, dass du meine Kinder weiter siehst!“

Was Annemie Wittgen widerfahren ist, passiert vielen Großeltern: Sie verlieren den Kontakt zu den Enkeln, nachdem deren Eltern sich scheiden lassen. Mal möchte der sorgeberechtigte Elternteil auch die Familie des Ex-Partners aus seinem Leben streichen. Mal sind alte Verletzungen im Spiel. Doch gerade an Weihnachten schmerzt es, wenn die Enkel nicht zu Besuch kommen.

Mehr als jede dritte Ehe scheitert, etwa 200 000 Scheidungen gibt es pro Jahr in Deutschland. Nach der Statistik sind bei 100 geschiedenen Ehen 78 minderjährige Kinder betroffen. Und es gibt eine weitere Statistik: Etwa 150 000 Kinder verlieren jedes Jahr mittelfristig den Kontakt zu einem Elternteil, meist dem Vater. Fast immer trifft es dann auch die Großeltern väterlicherseits.

Annemie Wittgen wollte das nicht einfach hinnehmen. Sie schloss sich einer Selbsthilfegruppe für Großeltern an, die von ihren Enkeln ferngehalten werden. Heute ist sie Vorsitzende der „Großelterninitiative“. Zwar gibt es seit 1998 ein Gesetz, wonach Großeltern unter gewissen Umständen ein Recht auf Umgang mit den Enkeln haben, aber in der Praxis hätten Oma und Opa doch meist das Nachsehen, ist Wittgens Erfahrung aus zahlreichen Gesprächen. Großeltern, die dieses Recht vor Gericht einfordern, müssen beweisen, dass ihr Umgang dem Wohl des Kindes dient. „Das ist fast unmöglich, wenn die Eltern es verhindern wollen.“

Wittgen rät daher, es lieber ohne Gericht zu versuchen, und vielleicht eine Mediatorin oder einen Mediator aus einer Familienberatungsstelle hinzuzuziehen.

Ihre eigene Geschichte ging gut aus: Jakob, Jan und Max durften ihre Oma behalten, der Kontakt ist wieder sehr eng geworden. „Es lohnt sich für alle Beteiligten, nicht aufzugeben. Kinder haben ein Recht auf ihre ganze Familie.“ Infos unter: www.grosselterninitiative.de.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 27. November 2014 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe .

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Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de.