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Von – 22. Februar 2015

„Ich gebe nur Starthilfe“

Als sie vor zwei Jahren gefragt wurde, ob sie einem 22-Jährigen aus Nigeria Deutschunterricht geben könnte, sagte Heide Hintze Ja. Seither hilft sie Flüchtlingen, in Frankfurt Fuß zu fassen.

Heide Hintze begleitet Flüchtlinge, damit sie Deutsch lernen und hier in Frankfurt eine Perspektive entwickeln können. Foto: Rolf Oeser

Heide Hintze begleitet Flüchtlinge, damit sie Deutsch lernen und hier in Frankfurt eine Perspektive entwickeln können. Foto: Rolf Oeser

„Ist schwer“, seufzt der 19-jährige Mann aus Afghanistan manchmal. „Das glaube ich“, antwortet Heide Hintze ihm dann. „Du musst sehr viel lernen: dich in der Stadt zurechtfinden, Deutsch sprechen und gut rechnen.“ Aber dann überlegen sie gemeinsam, zum Beispiel, wie das Geschäft aussehen könnte, das er einmal betreiben könnte. Denn er kann sehr gut nähen und hat vor kurzem eine Nähmaschine geschenkt bekommen.

Es ist schon der dritte Flüchtling, den Heide Hintze bei seiner Ankunft in Deutschland begleitet. „Ich bin da so reingeschlittert“, erzählt die 64 Jahre alte Kulturanthropologin, deren Steckenpferd eigentlich das Kino ist. Seit acht Jahren ist sie Mitglied in der Evangelischen Filmjury.

Als vor zwei Jahren Pfarrer Olaf Lewerenz aus der Gemeinde am Bügel sie fragte, ob sie einem 22-Jährigen aus Nigeria Deutschunterricht geben könnte, sagte Heide Hintze Ja. Der junge Mann sei mittlerweile an der Universität angenommen worden, erzählt sie stolz. „Dabei hatte er anfangs große Angst vor allen offiziellen Stellen.“ Sie hat mit ihm nicht nur Deutsch gelernt, sondern ihn auch ins Jobcenter, zur Krankenkasse und zur Ausländerbehörde begleitet. „Aber ich habe ihm auch gesagt, dass ich zwar dabei bin, er aber selbst verhandeln muss. Das ist wichtig, denn die jungen Leute müssen ja lernen, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Ich gebe nur Starthilfe.“

Kurz darauf gewährte die Gemeinde am Bügel einem 18-Jährigen aus Eritrea Kirchenasyl, was bedeutete, dass er das Gemeindezentrum nicht verlassen konnte. Heide Hintze besuchte ihn einmal die Woche, lernte Deutsch mit ihm und versuchte, ein bisschen die Langeweile zu vertreiben.

Die Situation von Flüchtlingen in Deutschland ist Heide Hintze schon lange vertraut, auch durch ihre Arbeit in der evangelischen Stadtakademie Wiesbaden, die sie in den 1980er Jahren mit aufgebaut hat. Neben vielem anderem rief sie dort bereits Deutschkurse für Menschen aus anderen Ländern ins Leben, gründete einen Stammtisch für Migrantinnen und organisierte Studienreisen nach Albanien, Rumänien, Serbien und Kroatien.

Angesichts der älter werdenden Gesellschaft in Deutschland „müssten wir uns eigentlich ein Bein ausreißen, um jungen Menschen zu helfen, hier Fuß zu fassen“, sagt Hintze. „Ich möchte, dass alle, die hier leben, unsere Gesellschaft auch mittragen und mitgestalten können.“ Aus der Bildungsarbeit wisse sie, „dass schon kleine Informationen viel in Bewegung setzen können.“

Die jungen Männer, die Heide Hintze begleitet, haben Glück. Ihre Mentorin kennt viele Menschen in der Stadt und kann Verbindungen herstellen. „Ich begleite diese jungen Männer wie meine Neffen und Nichten“, sagt sie. „Wenn die mal in einer schwierigen Situation sind, springe ich ihnen ja auch bei.“

Mehr als diese drei Flüchtlinge will Heide Hintze vorerst nicht begleiten. „Das soll ja kein Massenbetrieb werden, sondern ich will dabei authentisch und glaubwürdig bleiben.“ Außerdem möchte sie auch ihr Rentenalter genießen: Im Frühjahr erfüllt sie sich deshalb einen lange gehegten Traum und zieht für zwei Monate nach Paris.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 22. Februar 2015 in der Rubrik Menschen, erschienen in der Ausgabe .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".