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Von – 28. Februar 2015

Mission Internet – für die Kirche impossible?

2009 startete das Portal evangelisch.de, es sollte eine Stimme der evangelischen Kirche im Internetdiskurs sein. Von diesem Anspruch hat man sich nun offenbar verabschiedet. Nach dem Relaunch in diesen Tagen beschränkt sich die Seite auf eine rein innerkirchliche Kommunikation.

1502_von_lisaDie Evangelische Kirche in Deutschland nennt es in ihrer Pressemeldung „Profil schärfen“, aber in Wirklichkeit muss man wohl von einem Scheitern sprechen. Dafür sprechen auch die Zahlen: Eine Million Seitenzugriffe im Monat habe evangelisch.de gehabt, das klingt spontan nach viel, ist aber tatsächlich ziemlich wenig, wenn man es mit den Reichweiten anderer Seiten vergleicht. Zumal dabei auch noch alle „angeschlossenen Seiten“ mitgezählt worden sind, was immer das genau heißen mag.

Offenbar ist es nicht gelungen, die angestrebten Ziele zu erreichen. Das ist auch überhaupt keine Schande. Es gibt nämlich vielfältige Gründe, warum es eine Institution wie die evangelische Kirche schwer hat, im Internet relevant zu werden:

Evangelische Milieus nutzen das Internet weit weniger als andere – laut Allensbach-Studie haben zum Beispiel Ende 2012 von den regelmäßigen Leserinnen und Lesern von „Evangelisches Frankfurt“ 40 Prozent das Internet überhaupt nicht genutzt. Wenn Evangelische überhaupt im Internet sind, dann sind sie äußerst zurückhaltend beim Teilen von Inhalten in sozialen Netzwerken, obwohl deren Anteil an der Verbreitung von Nachrichten immer wichtiger wird.

Hinzu kommt, dass sich der gesellschaftliche Diskurs säkularisiert hat, über Glaubensfragen wird wenn überhaupt im Privaten gesprochen, aber nicht öffentlich. Und schließlich sind im Internet nicht so sehr Institutionen gefragt als vielmehr Menschen: Nicht nur Kirchen, auch andere tun sich mit dieser Dynamik schwer.

Ja, es ist nicht so einfach, eine „evangelische“ Stimme im Internet aufzubauen. Aber bedeutet das, dass man es überhaupt nicht mehr versuchen soll?

Die Verantwortlichen der Evangelischen Kirche in Deutschland sehen das offenbar so. Der neue Auftritt von evangelisch.de ist jedenfalls nur noch für „Eingeweihte“ etwas. „Gemeinde, Bibel, Gottesdienst“ sind die Rubriken, Tageslosung und Sonntagssprüche sind prominent platziert. Das interessiert ja noch nicht einmal jenes Drittel der Kirchenmitglieder, die sich mit dem Evangelischsein noch relativ stark identifizieren. Und der „Protestant-o-Mat“, bei dem man Fragen ankreuzen kann und dann erfährt, ob man am ehesten wie Sölle, Schweitzer oder Bach protestantisch ist, ist zwar ganz lustig. Aber eben auch nur etwas für eine bestimmte Szene.

Wozu aber brauchen wir ein Internetportal, das sich nur an eine kleine Kirchenszene richtet? Oder anders: Ist es gerechtfertigt, wenn ein doch erheblicher Teil an Kirchensteuern in ein Projekt gesteckt wird, in dem die Kerngemeinde eigentlich nur noch mit sich selbst kommuniziert? Denn die Kirchensteuern, die werden ja schließlich von allen Mitgliedern bezahlt, auch von denen, die der Kirche nicht so eng verbunden sind. Von Menschen, die zwar evangelisch sind, und das auch durchaus bewusst, aber sich weder im typischen Kirchensprech auskennen noch jeden Tag als erstes über einen Bibelspruch meditieren möchten.

Nein, mit „Profil stärken“ hat das neue evangelisch.de leider nichts zu tun, es ist vielmehr ein Rückzug in die kuschelige Nische der Selbstvergewisserung. Dabei hätten gerade die vielen Menschen, die die Kirche mit ihren Mitgliedsbeiträgen finanzieren, aber die Angebote von Gemeinden oder kirchlichen Angeboten nur selten oder nie für sich selbst nutzen, einen Anspruch darauf, dass die Kirche wenigstens versucht, sich auch ihnen verständlich zu machen.

Ja, es ist schwer, evangelische Positionen in einer säkularen und multireligiösen Welt zu vermitteln, und erst recht im Internet. Aber wenn sogar die kirchlichen Kommunikationsprofis diesen Anspruch aufgeben, muss man sich wohl ernsthafte Sorgen machen.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 28. Februar 2015 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe .

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Dr. Antje Schrupp ist geschäftsführende Redakteurin von Evangelisches Frankfurt. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Matthias Jung schrieb am 28. Februar 2015

    “ Schließlich sind im Internet nicht so sehr Institutionen gefragt als vielmehr Menschen: Nicht nur Kirchen, auch andere tun sich mit dieser Dynamik schwer.“
    Aber genau das ist das Hoffnungszeichen – keine zentrale Stimme, sondern personale. Kommunikation des Evangeliums geht in die Breite, ist in der sog. Öffentlichkeit nicht (mehr?) so sichtbar, aber vielleicht viel wirksamer?

    Aus eigener Erfahrung finde ich es extrem schwierig, evangelische Positionen zu formulieren und zu vertreten. Als Einzelperson – in meinem Fall als Pfarrer stehe ich für meine Überzeugung da und ein. In dem Moment, wo ich in einem „Amt“ für Gruppen sprechen muss, wird es zunehmend schwieriger, weil ich bei den Formulierungen immer überlegen muss (!), für wen redest du jetzt bzw wen repräsentierst du qua Verantwortlichkeit. Das habe ich immer als Last empfunden. Ähnliches gilt vielleicht auch für ein Portal wie evangelisch.de.

  • Gré Stocker-Boon schrieb am 28. Februar 2015

    Liebe Antje, In der Schweiz ist es wohl nicht viel anders,denk ich mir.Als ich vor ein paar Jahr zügelte an einem anderen Ort,kam ich auf eine Liste zu stehen von der ref.Kirche, für die Verwendbarkeit von mir.Es interessierte mich aber mit der Musik etwas machen zu können.Alles andere sowie Besuchdienste leisten hatte ich schon früher gemacht.Und diese Leistung ist natürlich heutzutage gerne gesehen und gefragt,aber da mache ich nicht mehr mit. Attestheft vorhanden.Und als ich mich auch noch für die Weltgebetstag interessierte,wo ich doch ca. 25 Jahr tätig war,mehrheitlich im Ressort Musik und Tanz,wurde mir gesagt,ich könnte zuHören gehen und die Armen verschrenken..Also nicht Gestalten und Mitgestalten dürfen.Es wird mir zu „blöd“ noch länger darauf warten zu müssen irgendetwas machen zu dürfen,oder nicht.Ich gedenke bald einmal auszutreten.Für was zahle ich noch Kirchensteuer?

  • Brigitte Babbe schrieb am 28. Februar 2015

    Richtig, liebe Frau Schrupp. Viel mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Entscheidend aber ist ihr Resümee: wir können es uns als Kirche wirklich nicht mehr leisten, uns in die kuschelig Ecke zurück zu ziehen und uns um die böse Welt da draußen nicht mehr zu kümmern. So wie es geschieht, ist es Versagen. Nicht das erste.

  • Alexander Lasch schrieb am 1. März 2015

    Verkündigung und Seelsorge sind nur personal möglich. Das ändert sich bei einem Medienwechsel nicht, wie Sie zurecht feststellen.

    Ein „Portal“ ist deshalb vllt. auch die nicht ganz adäquate Plattform – eher wäre es anzustreben, viele zu ermutigen, mit ihrer Stimme aufzutreten und sich nicht hinter Gemeinschaft zu verstecken: Nur so kommt man mit anderen ins Gespräch, stellt Fragen, bekommt Antworten, Anregungen und Kritik.

    Was die evangelische Kirche also bräuchte wären zwei Dinge: Durchhaltewillen im Web 2.0 und einen „Community-Hub“, der interessante Stimmen sucht, findet und zusammenführt. Gefragt ist nicht „die Stimme“, sondern „die Stimmen“, die Kirche leben.

  • Töpelmann Roger schrieb am 24. September 2016

    Soll die EKD also raus aus dem Netz? Die Autorin geht davon aus, dass allein Personen eine Chance im Netz haben. Das ist aber falsch. Denn manche Blogs sind hoch gefragt, ob wohl sie eine Institution macht. Im Übrigen – das Evangelische Frankfurt erreicht schon seit Jahren nur wenige -wird es eingestellt?