Die „Hessische Allianz für den freien Sonntag“ aus Kirchen und Gewerkschaften startete in der Alten Nikolaikirche: Sie will der schleichenden Abschaffung des arbeitsfreien Sonntags entgegenwirken.
Etwa ein Viertel aller Berufstätigen, so zeigen Statistiken, arbeiten auch sonntags. Die Gründe sind verschieden: Da gibt es Dienstleistungen, die auch sonntags gebraucht werden, wie die von Ärztinnen oder Busfahrern. Manche Menschen verdienen so wenig, dass sie auf den Wochenendzuschlag angewiesen sind, um über die Runden zu kommen.
Und dann gibt es eben auch den Anspruch, dass viele sonntags nicht auf etwas verzichten möchten, von dem sie gewohnt sind, es jederzeit zur Verfügung zu haben: frische Brötchen zum Beispiel. Aber vielleicht auch den Einkaufsbummel über die Zeil. Verkaufsoffene Sonntage setzen sich mehr und mehr durch, obgleich sie eigentlich nur genehmigt werden dürfen, wenn eine „Anlassbezogenheit“ erkennbar ist. Das aber ist Auslegungssache.
Bei einem politischen Nachtgebet in der Alten Nikolaikirche am Römerberg kritisierten Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen und Gewerkschaften diese Entwicklung. Es war die Auftaktveranstaltung der „Hessischen Allianz für den freien Sonntag“, die der schleichenden Kommerzialisierung und Abschaffung des Sonntags auch in Frankfurt entgegenwirken will.
Was für die einen den Sonntag zum Sonntag macht, mag für andere der Anlass zur Selbstausbeutung sein: Wer geruhsam mit der Familie essen gehen möchte, sollte auch darüber nachdenken, wer für ihn kocht.
Der evangelische Stadtdekan Achim Knecht und Pfarrer Michael Metzler, Vertreter des katholischen Stadtdekans, bezogen Position: Der Sonntag sei kein Tag wie jeder andere. Doch die besondere Qualität dieses Feier- und Ruhetags, der der Erhebung und Entfaltung, der Rekreation und dem Zusammensein dienen soll, gehe mehr und mehr verloren. Damit verschwinde auch der Schutzraum, der einen Kontrapunkt zu aktiven, tätigen Leben bildet und dafür sorgt, dass Menschen nicht nur „funktionieren“, sondern auch Zeit für das zweckentbundene, spielerische Zusammensein haben, einen Freiraum, der ihre Freiheit und Würde als Menschen begründe.
Der Sonntag, so unterstrichen die Veranstalter, sei durch keinen anderen Tag – etwa durch einen freien Tag unter der Woche – zu ersetzen. Sonntag, das sei eben nicht allein Freizeit, sondern ein soziales Bindeglied: Zeit, in der alle Zeit füreinander haben.
Wie der Sonntag zurückerobert werden kann, erörterte Katja Deuser von der Gewerkschaft Verdi am Beispiel von Offenbach, wo die „Hessische Allianz für den freien Sonntag“ durch Klagen vor Gericht den Trend zum verkaufsoffenen Sonntag eindämmen konnte. Ute Schäfer von der Arbeitsstelle „Kirche für Arbeit“ beschrieb, wie von vielen Menschen der Sonntag als eine Art Puffer benötigt werde, um all das abzuarbeiten, was unter der Woche liegenbleibe.
Die Bedeutung des Sonntags – so wurde deutlich – reicht weit über die Reihe der Wochentage hinaus: Es geht um die Kunst, sich Pausen zu gönnen, Pausen machen zu können, nicht verfügbar zu sein. Es geht um die Kunst, einen Unterschied zu machen zwischen dem aktiven und dem passiven Leben, und dem einen wie dem anderen Gewicht zu verleihen.
Eine Folgeveranstaltung der „Hessischen Allianz für den freien Sonntag“ ist geplant für Mittwoch, 25. März, um 18 Uhr im Haus der Volksarbeit, Eschenheimer Anlage 21.