Irgendwo in mir gibt es eine Stimme, die klingt wie mein Opa und sagt Sachen wie: „Na, zuerst hatte ich das Gefühl, das halte ich keine fünf Minuten durch, aber dann hab ich so meinen Rhythmus gefunden und plötzlich, Mensch, plötzlich ging‘s wie von selbst.“
Weil mein Opa Urberliner war, sagte er natürlich „icke“ und nicht „ich“, und er sprach viel langsamer als Sie lesen. Wenn ich schwimmen gehe, dann denke ich manchmal daran, denn dann geht es mir ebenso: Erst fühle ich mich wie eine bleierne Ente, wenig später schwimme ich meine Bahnen und fühle mich herrlich getragen.
Vom Wasser, denke ich, aber eigentlich, ist da noch etwas anderes, das zu tragen beginnt und dafür sorgt, dass ich mein Hirn auf den Standby-Betrieb stelle und alles vergesse, das mich gefangen nimmt. Ich bin dann in einem anderen Kontakt. Womit eigentlich? Mit mir selbst?
Beim Singen im interreligiösen Chor ist das ganz ähnlich. Keine fünf Minuten schafft man das zunächst: Die Singstimme halten, den Text (Hebräisch) richtig aussprechen und dann auch Blickkontakt zu der Chorleiterin halten.
Wenn ich aber all das nach und nach integriert habe: Worte, Sinn, Melodie, Takt, dann stehe ich da und singe frei heraus. Das ist ein unnachahmliches Gefühl. Weil dann etwas in mir, aus mir und zugleich mit mir singt. Dann hat etwas begonnen, mich zu tragen, wo ich mich vorher nur abgemüht habe. Und plötzlich sagt jemand neben mir: Du hältst so gut die Stimme, bei dir kann ich mich anlehnen.
Ich finde, es ist schon ein kleines Wunder, das mein Opa da erkannt hat.