Internationale Tagung in der Evangelischen Akademie Frankfurt: Journalistinnen und Wissenschaftler beklagen politischen Druck, Repressalien in der Berichterstattung und Vertuschung der Folgen der Atomkatastrophe vor vier Jahren.
Deutschland habe für sie einen Vorbildcharakter, was den Ausstieg aus der Atomenergie anbelange, betonten die Gäste aus Japan bei der Pressekonferenz zum Auftakt einer internationalen Tagung zum Thema Atomkraft und Umweltschutz. Zum vierten Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima haben das Zentrum Ökumene und die Evangelische Akademie Frankfurt dazu eingeladen.
Nicht nur sei die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland größer und stärker als in Japan, sie hat auch bessere Bedingungen, um wirksam zu sein. Das sehe in Japan schlechter aus, berichtete die Journalistin Mako Oshidori aus Tokio. Der politische Druck von Seiten der Atomkraftlobby auf die Presse wie auch auf Umweltaktivisten nehme immer mehr zu. Das Spektrum reiche von repressiven Sprachregelungen über die Ablehnung von Berichterstattung bis hin zu Drohungen und Verfolgungen. Sie selbst verbreite die Ergebnisse ihrer investigativen Arbeit vor allem über unabhängige Nachrichtensender im Internet.
Der Wissenschaftsjournalist und Chemiker Yoichi Shimatsu kritisierte Verschleierungstaktiken von Seiten der Regierung wie von der Atomkraft-Betreiberfirma TEPCO. Auf der Grundlage eigener Messdaten geht er davon aus, dass der Tsunami in Fukushima nicht nur einen Reaktor zerstört habe, sondern auch eine Anlage zur Herstellung nuklearer Waffen. Das Interesse an einer Vertuschung des tatsächlichen Ausmaßes der Katastrophe kenne keine Grenzen und gehe faktisch über Leichen, sagte Shimatsu. Weder gebe es seriöse Messdaten, noch statistisch saubere Untersuchungen zu den Folgen des Unglücks.
Ein Einwohner von Iitate Mura, einem kleinen Dorf in der Nähe von Fukushima mit extrem hoher Strahlenbelastung, berichtete von einem Anstieg an Schilddrüsenkrebs bei Kindern. Mangels systematischer Reihenuntersuchungen gebe es jedoch keine offiziellen Zahlen. Shimatsu zufolge ist die Strahlenbelastung in der Bucht von Tokyo derzeit drei- bis zehnmal höher als die Sicherheitsstandards in Europa es erlauben und seinen Messungen zufolge auch keineswegs rückläufig. Das stelle eine ernste Gesundheitsgefahr dar, auch für die zukünftigen Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Olympiade im Jahr 2020.
Noch bis Freitag werden sich Journalisten, Wissenschaftlerinnen, Umweltaktivisten und Vertreterinnen der großen Weltreligionen aus Europa, Japan, Korea mit der Frage beschäftigen, was religiöse Gruppen zum Atomausstieg und zum Klimaschutz beitragen können. Man wolle damit auch eine Möglichkeit der Vernetzung zu schaffen, um dem weltumspannenden Thema solidarisch eine starke Stimme zu verleihen, sagte Wolfgang Buff vom Zentrum Ökumene.
Bei der Abschlussveranstaltung „Atoms for Peace?“ am Freitag, 6. März, von 10-13 Uhr wird es in der Evangelischen Akademie am Römerberg in Frankfurt um die Frage gehen, ob eine friedliche Nutzung von Atomenergie möglich ist.