Am 26. April wählen die Frankfurter Gemeinden neue Kirchenvorstände. Aus diesem Anlass ein kleiner Rückblick: Noch 1815 war der Magistrat der Stadt Frankfurt auch der Kirchenvorstand. Demokratische Strukturen haben sich erst nach und nach entwickelt.
Wenn bei der Werbung für eine Beteiligung an den Kirchenvorstandswahlen darauf hingewiesen wird, dass in der evangelischen Kirche demokratische Prinzipien gelten, klingt das gerade in den Ohren jüngerer Menschen nach nichts Besonderem. Sie kennen es ja nicht anders, als dass Leitungen nach dem Mehrheitsprinzip gewählt werden.
Aber die Demokratie hat sich erst nach und nach in den kirchlichen Strukturen durchgesetzt. Noch 1815 hatte in Frankfurt der Rat der Freien Stadt gleichzeitig auch das Kirchenregiment inne. Im Lauf des 19. Jahrhunderts rückten dann Kirche und Staat langsam auseinander. Seit 1820 wurden jährlich 36 Laien, also Nicht-Pfarrer, in den lutherischen Gemeindevorstand gewählt.
Nach der bürgerlichen Revolution von 1848 sind im Rahmen einer allgemeinen Verstärkung der Beteiligungsrechte nach und nach einheitlich organisierte, von der Gemeinde gewählte Kirchenvorstände eingeführt worden. Synodale Elemente setzten sich aber nur zögernd in neuen Kirchenverfassungen durch: In Frankfurt wurde erst 1899 ein kirchliches Stadtparlament gegründet, Frauen hatten damals allerdings noch kein Wahlrecht.
1924 trat dann die Verfassung der Evangelischen Landeskirche Frankfurt am Main in Kraft: Nun ging tatsächlich alle Kirchengewalt vom Kirchenvolk aus, und auch die Frauen waren wahlberechtigt. Für die kirchlichen Wahlen galten die Grundsätze: allgemein, gleich, geheim, unmittelbar.
Heute sind in der evangelischen Kirche alle Gemeindemitglieder ab 14 Jahren wahlberechtigt. Sie entscheiden über die Gemeindevorstände, diese wählen Delegierte in die Synode des Frankfurter Stadtdekanats. Die Dekanatssynode wiederum entsendet Mitglieder in die hessen-nassauische Kirchensynode, das oberste Gremium der Landeskirche. Demokratischen Prinzipien entspricht es zweifellos auch, dass eine Wahl tatsächlich auch Auswahl bedeutet. Daher muss die Zahl der Kandidierenden um ein Viertel höher ausfallen als die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Kirchenvorstandes.
„Demokratisch” heißt aber eben nicht zuletzt, dass das Wahlvolk auch möglichst zahlreich zu den Urnen geht. Bei Wahlbeteiligungen unter zwanzig, ja sogar unter zehn Prozent, wie es sie bei der letzten Kirchenvorstandswahl in Frankfurt gegeben hat, mag man fragen, wie stark die Legitimation der Gewählten am Ende tatsächlich ausfällt. Wenn zum Beispiel nur Mitglieder der Kerngemeinde zur Wahl gehen, haben Kandidierende aus der Gruppe der Distanzierten wenig Chancen auf einen Platz im Kirchenvorstand.
So geht das Wählen
Die meisten Kirchengemeinden haben ihre Wahllokale am Sonntag, 26. April, im Anschluss an den Gottesdienst geöffnet. Die genauen Öffnungszeiten für Frankfurt sind ab Anfang April nach Stadtteilen abrufbar. Hintergrund-Infos zur KV-Wahl erklärt auch das nachfolgende Youtube-Video. Alle Wahlberechtigten haben zudem Mitte März per Post Wahlbenachrichtigungen zugeschickt bekommen. Die Kandidatinnen und Kandidaten wurden in der Regel in den Gemeindezeitungen vorgestellt. Weitere Infos auch unter www.meinewahl.de.
Nachtrag vom 15.4.2015: In der ursprünglichen Version dieses Artikels fehlte das Youtube-Video. Danke an Nutzer jmt für den Hinweis.