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Von – 24. April 2015

Haus des Jugendrechts eröffnet

Das Haus des Jugendrechts wurde im Mertonviertel für den Frankfurter Norden eröffnet. Nach dem Erfolg des Modells in Höchst arbeiten nun auch hier Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe eng zusammen. Integriert in die Arbeit sind zudem der Evangelische Regionalverband mit einer Vermittlungsstelle für den Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) und der Verein für Kinder- und Jugendhilfe.

Pfarrer Jürgen Mattis, OB Feldmann, Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, Polizeipräsident Gerhard Bereswill und Jürgen Fröhlich vom Verein Kinder- und Jugendhilfe halten Umzugskisten in Händen:  So ist das neue Haus des Jugendrechts im Frankfurter Mertoviertel eröffnet worden.

Pfarrer Jürgen Mattis, OB Feldmann, Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, Polizeipräsident Gerhard Bereswill und Jürgen Fröhlich vom Verein Kinder- und Jugendhilfe halten Umzugskisten in Händen: So ist das neue Haus des Jugendrechts im Frankfurter Mertoviertel eröffnet worden.Foto: Hessisches Justizministerium

Fast hätte die Eröffnungsveranstaltung abgesagt werden müssen; Brandstifter hatten in der Nacht zum 19. März Mülltonnen angezündet und Eingang wie Treppenhaus des neuen Gebäudes in der Louis-Pasteur-Straße in Brand gesetzt.

Die vielen bunten Skulpturen und Bilder, die in den Fluren und Arbeitszimmern auf den drei Stockwerken ausgestellt sind, erzählen andere Geschichten. Jugendliche Straftäter im Alter zwischen 14 und 21 Jahren haben sie gefertigt. Figuren, die ein Lebensgefühl mitteilen, zuweilen roh und direkt, zuweilen mit einer Ästhetik, die fragil und verletzlich wirkt: So wird die Frage nach dem Verhältnis von Täterschaft und Opferstatus auf einnehmende Art plastisch.

Arbeitsstunden in der Kunstwerkstatt

Häufig, so erzählt Birgit Steinhilber vom TOA, leisten jugendliche Straftäter die ihnen auferlegten Arbeitsstunden in der Kunstwerkstatt ab, die vom Verein Kinder- und Jugendhilfe in der Mainzer Landstraße unterhalten wird. Sie sollen sich in ihrer Arbeitszeit über die Mitwirkung in einem künstlerischen Projekt mit einem Team und dem eigenen Werkstück, nicht zuletzt also mit sich selbst, auseinanderzusetzen. Das erwirtschaftete Geld könne in den Täter- Opfer-Ausgleich fließen, wenn etwa Schmerzensgeld oder Sachschaden auszugleichen sind oder es diene der Bezahlung von Bußgeldern.

Präventivmaßnahme mit viel Potenzial

Das Dach im Logo des Hauses des Jugendrechts ist mehr als eine Klammer für die Kooperation verschiedener Instanzen, die auf diesem Wege ihre Zusammenarbeit optimieren können, Verfahren beschleunigen und Zeit und Geld sparen. „Das Dach stiftet einen Rahmen für die Möglichkeiten einer zivilgesellschaftlichen Konfliktregulierung“, sagte Pfarrer Jürgen Mattis, Fachbereichsleiter im evangelischen Regionalverband. „Eine Präventivmaßnahme mit großem Potenzial.“

Täter-Opfer-Ausgleich: Ein erfolgreiches Modell

TAO im Haus des Jugendrechts in Höchst habe sich als überaus erfolgreich erwiesen, sagte Mattis. Die Quote der Verfahrenseinstellungen nach dem Täter-Opfer-Ausgleich beträgt 90%. Gespräche mit den Geschädigten und mit den Straftätern stiften im Laufe von Wochen, zuweilen auch Monaten, ein neues zwischenmenschliches Verhältnis. Sie schaffen eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht. Das ermöglicht Opfern, Zusammenhänge zu begreifen, Geschehnisse angemessen zu verarbeiten und sich mitzuteilen; es ermöglicht den Tätern, gehört zu werden und eine Wiedergutmachung anbieten zu können.

Gespräche, kurze Verfahrenswege, unmittelbare Hilfe – all diese Erfahrungen sind für jugendliche Straftäter häufig der Schlüssel, zukünftig nicht mehr straffällig zu werden. Sie ermöglichen nicht allein den unmittelbar Betroffenen, sich in Zukunft im Stadtteil begegnen zu können, sondern stiften ein anderes Bewusstsein im Hinblick auf die Folgen einer Straftat. Das habe auch dazu geführt, dass Jugendliche selbst den Mitarbeitern im Haus des Jugendrechts Hinweise geben, wenn Anstiftung zu Krawall im Stadtteil im Gange ist.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 24. April 2015 in der Rubrik Stadtkirche, erschienen in der Ausgabe , .

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Dr. Silke Kirch studierte Germanistik, Kunstpädagogik und Psychologie in Frankfurt am Main und ist freie Autorin und Redakteurin.