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Von – 1. Juni 2015

Gottesdienst mit Wal

Kein Held, aber ein Sympathieträger: Der Kinderchor der Oberräder Erlösergemeinde widmet dem Propheten Jona ein Musical.

Kindermusical "Jona, geh nach Ninive" in der Erlöserkirche in Oberrad: Jona schifft sich auf einem Segelboot ein. Foto: Ilona Surrey

Kindermusical „Jona, geh nach Ninive“ in der Erlöserkirche in Oberrad: Jona schifft sich auf einem Segelboot ein. Foto: Ilona Surrey

„Jona, Jona geh, auf nach Ninive!“ so tönt es durch die Erlöserkirche in Frankfurt-Oberrad, als das Eröffnungslied verklungen ist. Der Kirchenchor hat heute Pause. Predigt steht auch keine im Programm, obwohl: Das Musical „Jona, geh nach Ninive“, dargeboten vom Kinderchor, sei gleichsam die Predigt, wie Pfarrerin Anne-Katrin Helms betont.

19 Jungen und Mädchen zwischen fünf und elf Jahren stehen vorn im Altarraum, sind als Seeleute, Könige und Bürgerinnen und Bürger der Stadt Ninive verkleidet, manche haben zwischen Ohr und Kinn Mikrofone geklemmt. Blickfang ist ein grauer Wal mit mächtigen Flossen, groß wie ein Kleinwagen, bemalt und ausgesägt von Müttern und Vätern der Kinder, die zum Gelingen des Projekts mächtig beigetragen haben.

Der Kinderchor der Erlösergemeinde erzählt, spielt, tanzt und singt an diesem Sonntag die Geschichte des störrischen Propheten. Aufwühlend wie eine gute Predigt ist das Geschehen auf der Bühne allemal. Das mit dem Prophet-Sein ist nämlich gar nicht so leicht, erfährt Jona. Ausgerechnet er soll ein Bote Gottes sein? Das Volk der Stadt Ninive vor dessen Strafgericht warnen und sie zur Umkehr von ihren bösen Taten rufen?

Eine Schnapsidee, findet Jona, abwechselnd gespielt von den gleichermaßen souveränen Darstellern Aron Flechsig und Mathis Tietjen: „Ich? Nach Ninive? Zu den Menschen, die meine Feinde sind? Niemals!“ Er besteigt ein Schiff in die entgegengesetzte Richtung, doch das Segel-Bettlaken neigt sich bedrohlich. Ein Sturm zieht auf, Jona springt in seinem braunen Umhang über Bord, um Gott zu besänftigen und die Besatzung zu retten.

Große und kleine Zuschauerinnen und Zuschauer verstehen: Jona will vor seinem Auftrag weglaufen. Aber Gott lässt nicht locker, schickt den berühmten Wal, in dessen Bauch der renitente Prophet zur Besinnung kommt und der siebenjährige Mathis Tietjen einen beeindruckenden Solo-Part singt. Der Plan geht auf, Jona fügt sich in sein Schicksal, ruft die Menschen in Ninive – gespielt von Mara Buchwald, Jana Scheper, Vivian Kiebs und vielen anderen – zur Räson.

Aber ist es wirklich so einfach? „Die Geschichte von Jona eignet sich für ein Stück mit Kindern gut“, sagt Matthias Helms, der als Kinderchor-Leiter der Erlösergemeinde seit Februar mit den Jungen und Mädchen geprobt hat. „Jona wird sehr menschlich dargestellt, Kinder kennen die Versuchung, vor einem unangenehmen Auftrag davonzulaufen. Jona ärgert sich, und am Ende ist er erst einmal unzufrieden darüber, dass Ninive doch nicht zerstört wird.“

Kein Held, aber ein Sympathieträger, dessen Gedankengänge nachvollziehbar sind und der dazulernt. Gott (gesprochen von Damian Preisenberger) fragt: „Bist du ärgerlich, weil ich mit den Menschen barmherzig umgehe?“ Verstehen Kinder diese schwierige Wendung schon? „Ich glaube, sie bekommen eine Ahnung davon, was im Leben wichtig ist. Dass es weniger zählt ist, Recht zu haben, als ein Unglück abzuwenden.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 1. Juni 2015 in der Rubrik Kultur, erschienen in der Ausgabe , .

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Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de.