Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 3. Juni 2015

Akademieabend zum umstrittenen Freihandelsabkommen „TTIP“

Wird das neue Freihandelsabkommen mehr Wohlstand für alle bringen, weil Handelsbarrieren abgeschafft werden und einheitliche Regulierungen die Geschäfte erleichtern? Oder wird es nur den Reichen etwas nützen und möglicherweise sogar internationale Konflikte nach sich ziehen? Hintergründe zu „TTIP“ gab es bei einem Abend in der Evangelischen Akademie.

Foto: guukaa_Fotolia.com

Foto: guukaa_Fotolia.com

Angela Merkel ist dafür, Barack Obama erst recht: Die Rede ist von „TTIP“, dem „Transatlantic Trade and Investment Partnership-Abkommen“, über das die Europäische Union seit knapp zwei Jahren mit den USA verhandelt – unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit. In der Evangelischen Akademie war das Publikum zahlreich erschienen, um die Pros und Contras des geplanten Freihandelsabkommens zu diskutieren.

Als Kritikerin war Brigitte Young, Professorin für vergleichende politische Ökonomie an der Universität Münster da. Ihrer Ansicht nach wird das neue Freihandelsabkommen den realen Wohlstand kaum mehren – in den USA etwa würden weniger als 0,4 Prozent Wachstum vorhergesagt. Sinnvoller sei eine Währungskooperation, die Wechselkursschwankungen zwischen den USA und der EU ausgleicht. Angleichungen von technischen Normen und Standards wiederum könne die Industrie auch ohne TTIP schaffen.

Young sprach sich aber vor allem deshalb gegen TTIP und seinen 2014 beschlossenen Vorgänger „TPP“ (Trans Pacific Partnership) aus, weil Russland aus dem ersten und China aus dem zweiten dieser Abkommen ausgeschlossen sind: „Das führt über kurz oder lang zu geopolitischen Konflikten, zu einer Blockbildung zwischen Ost und West“, so Young. Besser wäre es, die 1995 gegründete Welthandelsorganisation, in der 61 Staaten Mitglied sind, weiter zu entwickeln.

Positiv sieht TTIP dagegen Clemens Christmann von der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände: Zum Beispiel würden so „Buy American“-Klauseln in den USA überwunden, die zurzeit das Geschäft zwischen hessischen Firmen und den USA oft verhinderten. Das Abkommen sei auch eine Chance gegenüber Asien, „Standards nach westlichen Werten“ zu setzen. Allerdings dürften private Schiedsgerichte nationales Recht nicht unterhöhlen. Umwelt-, Natur- und Menschenrechte müssten gewahrt bleiben.

Genau das aber ist nach Ansicht von Wilfried Kurtzke, Wirtschaftsreferent der IG Metall, das Problem: Die USA hätten nur zwei von acht Kernarbeitsnormen, die in Europa gelten, anerkannt. Und selbst wenn Arbeitnehmerrechte in Deutschland gesetzlich nicht angetastet würden, könnten US-Firmen, die weniger Arbeitsrechte einzuhalten haben, billiger produzieren und so Druck auf Europa ausüben, die eigenen Standards ebenfalls zu senken.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 3. Juni 2015 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe , .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".