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Von – 16. Juli 2015

Die Sache mit dem Mammon

In der jüdisch-christlichen Tradition wird Geld ambivalent gesehen. Einerseits ist Geldwirtschaft eine Möglichkeit, Wachstum und Wohlstand zu generieren. Andererseits besteht aber auch immer die Gefahr, dem Geld Sinnstiftung abgewinnen zu wollen und ihm damit eine quasi göttliche Macht zuzuschreiben.

Mit der Europäischen Zentralbank ist das Frankfurter Ostend zu einer Schnittstelle der globalen Ökonomie geworden. Das Thema „Geld“ spielte dementsprechend eine wichtige Rolle, als die Evangelische Akademie Frankfurt im Mai und Juni das Ostend zur zweiten Station seines „Büros für Veränderung“ machte. Bei diesem Projekt werden exemplarisch Orte aufgesucht, die eine Schlüsselrolle in den urbanen Veränderungsprozessen spielen. Eine der Aktionen des „Büros für Veränderung“ war ein Festmahl im Frankfurter Garten am Danziger Platz, in Sichtweite der Europäischen Zentralbank. Als Kooperationspartner hatte die Evangelische Akademie dazu das Theater Willy Praml gewonnen, das künstlerische Interventionen zum Thema Geld darbot. Foto: Ilona Surrey

Mit der Europäischen Zentralbank ist das Frankfurter Ostend zu einer Schnittstelle der globalen Ökonomie geworden. Das Thema „Geld“ spielte dementsprechend eine wichtige Rolle, als die Evangelische Akademie Frankfurt das Ostend zur zweiten Station seines „Büros für Veränderung“ machte. Bei diesem Projekt werden exemplarisch Orte aufgesucht, die eine Schlüsselrolle in den urbanen Veränderungsprozessen spielen. Eine der Aktionen war ein Festmahl im Frankfurter Garten am Danziger Platz. Als Kooperationspartner hatte die Evangelische Akademie dazu das Theater Willy Praml gewonnen, das künstlerische Interventionen zum Thema darbot. Foto: Ilona Surrey

In der jüdisch-christlichen Tradition wird Geld ambivalent gesehen. Einerseits ist Geldwirtschaft eine Möglichkeit, Wachstum und Wohlstand zu generieren. Andererseits besteht aber auch immer die Gefahr, dem Geld Sinnstiftung abgewinnen zu wollen und ihm damit eine quasi göttliche Macht zuzuschreiben.

Gerade von Jesus sind viele kritische Äußerungen zum Verhältnis von Wirtschaft und Religion überliefert. Vor allem natürlich sein berühmter Satz: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon” (Matthäus 6,24), aber auch das Wort: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme” (Matthäus 19,24).

Das heißt aber nicht, dass das Geld, der Reichtum oder die Reichen an sich verteufelt werden. Jesus kritisiert zwar, im Geld mehr zu sehen, als gut tut, aber er propagiert weder ein Armuts-ideal noch den Klassenkampf.

Die „Seligpreisung der Armen“ (Lukas 6,20) reflektiert die Erfahrung, dass Menschen, die Mangel leiden, eher wissen, dass sie auf Gottes Zuwendung angewiesen sind, als solche, die satt und zufrieden sind. Deshalb wird auch der „reiche Jüngling“ als Musterbeispiel eines Menschen vorgeführt, der seinen Besitz nicht zugunsten der Nachfolge Jesu aufgeben kann: Er hängt zu sehr am Materiellen, um sich ganz auf Gottes Gaben verlassen zu können (Matthäus 19,16ff).

Aber nicht erst im Neuen Testament, auch schon in der Hebräischen Bibel wird im Umgang mit Geld die Verpflichtung zur Solidarität herausgehoben. Zum Beispiel wird dort ein Zinsverbot ausgesprochen, um die negativen Folgen der Geldwirtschaft zu begrenzen. Es gilt insbesondere für Notkredite für verelendete Verwandte und Nachbarn, wird aber an manchen Stellen als Ideal auch auf die Gesellschaft insgesamt ausgeweitet. Für Handelskredite galt es dagegen eher weniger.

Im Christentum wurde das Zinsverbot etwa im mittelalterlichen Europa konsequent praktiziert. Die Juden unterlagen ihm allerdings nicht. Sie durften gewerbsmäßig Geld verleihen, was der Wirtschaft nutzte. Da Juden aber gleichzeitig kein Handwerk ausüben und auch keinen Grundbesitz haben durften, waren sie auf dieses Gewerbe angewiesen. Das brachte sie in ökonomische Schlüsselstellungen, wurde ihnen aber im Antijudaismus zugleich geneidet: Es entstand das Zerrbild des reichen, habgierigen jüdischen „Wucherers”.

Unter den christlichen Reformatoren wandte sich Luther gegen das Zinsnehmen, während Calvin es befürwortete, sofern es der wirtschaftlichen Prosperität und dem Wohl der Allgemeinheit dient. Später wurde das Zinsverbot denn auch nach und nach aufgehoben. Heute geht es christlich gesehen eher um das Kriterium, ob Geld, das „arbeitet“, im Rahmen einen Solidarmodells allen zugute kommt, oder ob eine zu hohe Zinslast den allgemeinen Wohlstand erstickt.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 16. Juli 2015 in der Rubrik Ethik, erschienen in der Ausgabe , .

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Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.