Bei der Hilfe für geflüchtete Menschen arbeiten Ehrenamtliche und Hauptamtliche immer stärker zusammen. Die Kalbacher Halle, die von der Diakonie Frankfurt betreut wird, ist eine mittelfristige Dauerlösung.
Der Saal der Luthergemeinde im Nordend ist voll besetzt. Rund hundert Menschen, von der Rentnerin bis zum Teenager, sind gekommen, weil sie Flüchtlingen helfen wollen.
„Was kann ich tun, wenn ich Musik mit Kindern machen möchte?“ fragt eine Frau. „Ich habe Winterjacken, wo genau kann ich die vorbeibringen?“ erkundigt sich ein anderer. Eine Liste wird herumgereicht, wo alle eintragen können, was sie tun möchten und welche Qualifikationen sie haben. Die Liste ist schnell voll.
Pfarrerin Heike Seidel-Hoffmann von der Diakonie Frankfurt, die freiwilliges Bürgerengagement für Flüchtlinge koordiniert, freut sich über das große Interesse. „Man muss beim Helfen aber auch das richtige Maß finden“, sagt sie, und spricht dabei aus Erfahrung. Sie selbst sei häufig sehr spät von der Arbeit gekommen, wenn neue Flüchtlinge Hilfe brauchten. Derzeit koordiniert sie die ehrenamtliche Flüchtlingsbegleitung in Preungesheim und im Riederwald, wo sich Gemeinden und Diakonie um den Aufbau nachhaltiger Hilfestrukturen bemühen.
Viele geflüchtete Menschen leben in Turnhallen. Insgesamt fünf solcher Notquartiere sind in Frankfurt eingerichtet worden und werden von verschiedenen Wohlfahrtsträgern betreut. Im September übernahm die Diakonie Frankfurt den Betrieb einer Turnhalle auf dem Gelände des Sport- und Freizeitzentrums Kalbach. Dort leben rund 270 Menschen, vor allem aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Versorgt werden sie überwiegend von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den diakonischen Einrichtungen des Evangelischen Regionalverbandes auf freiwilliger Basis in ihrer Dienstzeit. Ehrenamtliche kommen dazu.
Das Hallenlager dient inzwischen als mittelfristige Dauerlösung und nicht, wie zunächst gedacht, als Notaufnahmeeinrichtung für 48 Stunden. Die Diakonie stellt das vor die Aufgabe, in der Notunterkunft eine Art Alltag zu ermöglichen, sowohl für die alleinstehenden Männer als auch für die Familien. „Wir haben Trennwände eingezogen, um zumindest ein wenig Privatsphäre zu schaffen“, sagt Diakonie-Sprecher Jörn Dietze. Es gebe eigene Bereiche für die Familien, und für die Kinder eine Ecke mit Spielsachen. „Wir brauchen weitere Ehrenamtliche. Hilfe ist vor allem punktuell gefragt: beim Kinderbetreuen oder auch für die Freizeit der Menschen.“ Viel Hilfe erfahre man auch aus der Kirchengemeinde in Kalbach, die zum Beispiel ein Benefizkonzert plant.
Yvonne Weichert berichtet an dem Abend in der Luthergemeinde auch über den Deutschunterricht, den sie in der Kreuzgemeinde in Preungesheim zusammen mit anderen Ehrenamtlichen für Flüchtlinge anbietet. Das sei eine schöne, aber auch herausfordernde Aufgabe: „Die Schülerinnen und Schüler sind begeistert vom Unterricht, es sind auch einige dabei, die noch gar nicht lesen und schreiben können.“
Manche im Saal wirken allerdings ungeduldig, sie wünschen sich konkretere Infos, wo sie tätig werden können. Heike Seidel-Hoffmann betont, dass jeder und jede gebraucht wird, die Koordination zwischen den verschiedenen Stellen von Kirche und Stadt sei aber manchmal etwas komplizierter, als es zunächst erscheine. Manche gut gemeinten Hilfsangebote seien zudem schlecht geeignet. „Wir brauchen Kleidung, aber keine Sommerröcke“, sagt die Pfarrerin. „Am wichtigsten sind Männersachen in kleinen Größen, denn die meisten Flüchtlinge sind kleiner und schlanker als viele deutsche Männer.“
Zuviel Aktionismus ist eben manchmal auch schwierig: Es sei schon vorgekommen, erzählt Seidel-Hoffmann, dass Hilfswillige einfach ohne Vorankündigung in eine Einrichtung für minderjährige Flüchtlinge gekommen seien. „So etwas geht aus Gründen des Kinderschutzes nicht.“
Bei dem Abend in der Luthergemeinde seien viele hilfreiche Kontakte zustande gekommen, bilanziert die Pfarrerin im Anschluss. Die Luthergemeinde selbst plane zum Beispiel eine Kooperation mit der Volkshochschule, um in ihren Räumen Kurse für Flüchtlinge anzubieten.
Die Frankfurter Institutionen, kirchlich oder städtisch, stellen sich derzeit darauf ein, dass weiterhin viele Menschen kommen. Das Team der psychologischen Beratung für traumatisierte Flüchtlinge, einer schon lange bestehenden Einrichtung der evangelischen Kirche, wird um zwei arabischsprachige Psychologen erweitert. Ebenfalls erweitert werden soll das Programm „Socius“, bei dem ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren ausgebildet werden, die Flüchtlinge im Alltag begleiten.