Hinweis

Diese Website wurde am 28. November 2017 archiviert. Neues Online-Angebot: Evangelische Kirche in Frankfurt.

Aktuell

Von – 7. Oktober 2015

Flüchtlingskrise: Mehr Ehrlichkeit wagen

Die Herausforderung durch die vielen geflüchteten Menschen, die zurzeit nach Deutschland kommen, wird nicht in wenigen Wochen beendet sein. Es wird viel Geld und Engagement nötig sein, um ihnen eine Perspektive zu verschaffen. Aber genau das birgt auch die Chance, Schieflagen in unserer Gesellschaft zu begradigen.

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Foto: Rolf Oeser

Kurt-Helmuth Eimuth ist Leiter der Redaktion von „Evangelisches Frankfurt“. Foto: Rolf Oeser

Viele Flüchtlinge stehen noch vor den Grenzen Europas, ein Ende der Kriege in Syrien und Afghanistan ist nicht in Sicht. Deutschland zeigt bisher überwiegend ein freundliches Gesicht. Auch die Kirchen helfen, wo sie können. Doch daneben hat eine Diskussion darüber eingesetzt, wie es nun weitergehen soll.

Bundespräsident Joachim Gauck sagte bei der Einheitsfeier in der Alten Oper: „Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Endlich sind unsere Möglichkeiten sicherlich. Aber sind sie bereits ausgeschöpft? Was bedeuten die vielen Flüchtlinge für unser Gemeinwesen?

Manchmal hilft ein Blick in die Statistik: Schon lange beträgt die Zahl der Neuankömmlinge zwischen 1,5 Millionen (1992) und 700.000 (2006) jährlich; 2013 waren es 1,2 Millionen. Deutschland ist längst ein Einwanderungsland. Jetzt kommen Menschen hinzu, die nicht freiwillig ihre Heimat verlassen haben. Viele von ihnen sind seelisch schwer verletzt, traumatisiert. Und doch sind sie auch eine Chance für Deutschland. Die Hälfte von ihnen ist unter 25 Jahre alt. Mit Blick auf den demografischen Wandel kann der deutschen Gesellschaft und auch der Wirtschaft gar nichts Besseres passieren.

In mehr Gerechtigkeit investieren

Allerdings müssen diese Menschen auch eine Chance bekommen. Sie brauchen Deutschkurse, Wohnungen, Arbeitsplätze. Dabei soll niemand sagen, es mangele an Geld: Die Bankenrettung hat einen dreistelligen Milliardenbetrag aus Steuermitteln gekostet. Es ist an der Zeit, in mehr Gerechtigkeit zu investieren.

Der Bau von Sozialwohnungen wird allen zugute kommen, die sich die Mieten in den Ballungsräumen nicht mehr leisten können. Förderprogramme in Kitas und Schulen werden hoffentlich dazu dienen, mehr Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten. Es ist ein Skandal, dass in Deutschland jedes Jahr 70.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen. Mit den Flüchtlingen haben wir die große Chance, solche Schieflagen unserer Gesellschaft zu begradigen.

Doch dies wird nicht von heute auf morgen gehen. Die Menschen fragen zurecht, wie es weitergehen soll. Hier ist die Politik gefordert, ehrlich zu sagen, dass viel Geld und Engagement nötig ist. Nur dann schaffen wir das. Nur wenn die Flüchtlinge hier eine Perspektive bekommen, werden sie ein Segen sein.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 7. Oktober 2015 in der Rubrik Meinungen, erschienen in der Ausgabe , .

Artikel teilen: E-Mail Facebook Twitter Google+

Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.

Kommentare zu diesem Artikel

  • Friedrich Peter Niebling schrieb am 28. Oktober 2015

    „Es ist ein Skandal, dass in Deutschland jedes Jahr 70.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen. Mit den Flüchtlingen haben wir die große Chance, solche Schieflagen unserer Gesellschaft zu begradigen.“ Heißt das, dass mit der Aufnahme von Flüchtlingen
    weniger als 70.000 Menschen die Schuke ohne Abschluss verlassen?