Frankfurt hat schon alle Strukturen für eine gelingende Integration von Geflüchteten, es müssen nur die Kapazitäten aufgestockt werden. Mit genügend Geld und gutem Willen „schaffen wir das“, so das Ergebnis eines Fachtags von evangelischer Kirche und AmkA.
„Wir schaffen das.“ Die Einschätzung von Kanzlerin Angela Merkel zweifelte niemand an bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Integration bewegt – Herausforderungen der Migrationsgesellschaft“. Deutschland sei in der Lage, eine große Zahl Geflüchteter in die Gesellschaft zu integrieren, lautete der einhellige Konsens der Referentinnen und Referenten eines Fachtages, den die evangelische Kirche und das Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) gemeinsam in der Jugendkulturkirche Sankt Peter organisiert hatten.
Das Augenmerk richtete sich deshalb vor allem auf das Wie. Dabei wies Integrationsdezernentin Nargess Eskandari-Grünberg darauf hin, dass Frankfurt schon längst viele gute Antworten darauf hat, auch weil das vor 25 Jahren gegründete AmkA zahlreiche Integrationsangebote für zugewanderte Menschen auf den Weg gebracht hat.
Die selbst aus dem Iran geflüchtete Stadträtin kann die „riesigen Fortschritte“ selbst bezeugen: „Als ich in den achtziger Jahren nach Frankfurt kam, waren überhaupt keine Strukturen vorhanden.“ Jetzt hingegen müsse vieles nicht neu geschaffen, sondern nur ausgebaut werden. Das koste allerdings Geld, die der Stadt bisher zugewiesenen 600.000 Euro seien „völlig unzureichend“. Umso mehr freute sie sich über einen Anruf von Kaufhof, wo in allen hessischen Filialen Spenden für die Flüchtlingsarbeit gesammelt werden soll.
Dass die Wirtschaft zurzeit auf Seiten der Geflüchteten steht, sei ein „interessantes und neues Phänomen“, sagte David Becker, Psychologe an der Sigmund Freud Privat Universität in Berlin. Das bestärke die Willkommenskultur in der Bevölkerung. Konterkariert werde diese positive Entwicklung jedoch von Politikern, die Angst schüren. Sicher müsse man durch die Aufnahme Geflüchteter „einige lieb gewonnene Strukturen in Frage stellen“, aber das könne ja auch positiv sein.
Die evangelische Pröpstin für Rhein-Main, Gabriele Scherle, betonte ebenfalls, dass eine erfolgreiche Integration unter anderem von der Bereitschaft zum Wandel abhänge, denn durch die Migration werde sich die Welt verändern. Als etwa nach dem Krieg unzählige Menschen aus Schlesien, Ostpreußen oder Pommern in Westdeutschland eine neue Heimat suchten, seien „viele protestantische Bastionen aufgebrochen“ worden. Heute sei es wichtig, „die Solidarsysteme zu stärken und die finanzielle Belastung nicht auf die ohnehin Schwachen abzuwälzen“, daher wäre auch eine Flüchtlingssteuer hilfreich.
Auch für Franziska Woellert vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung „birgt die Gestaltung der Integration die Chance, verschlafene Diskurse anzugehen“, gerade auch angesichts der Veralterung der Gesellschaft.
Allerdings dürften nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden, betonte der Vorsitzende der Kommunalen Ausländer- und Ausländerinnenvertretung, Enis Gülegen. So sei es fatal, dass derzeit die Intensivklassen für Seiteneinsteiger an den Schulen reduziert wurden. „Es kann nicht sein, dass man einem 15-Jährigen, der mehrere Jahre auf der Flucht verbrachte, sagt, dir stehen altersmäßig nur noch zwei Schuljahre zu“, kritisierte der Diplompädagoge und warnte davor, wieder die in der Vergangenheit bezeugte Ignoranz an den Tag zu legen. „Es geht jetzt darum, Integration gezielt zu fördern und zu steuern.“