Künstlerinnen und Künstler arbeiten heute wieder gern im Auftrag der Kirche, das Interesse an spirituellen Räumen ist groß. Ein Symposium stellte die Frage: Wie frei ist die Kunst dann noch?
Das Interesse von Künstlerinnen und Künstlern an spirituellen Räumen ist groß, das beobachtet zumindest Christian Kaufmann von der Evangelischen Akademie Frankfurt seit geraumer Zeit. „In den 1980er Jahren haben es die meisten noch als Zumutung begriffen, etwas für die Kirche zu machen.“ Inzwischen verhalte es sich fast schon umgekehrt. So hatte der Kurator auch kein Problem, für eine aktuelle Ausstellungsreihe „Raum_Reformation: Interferenzen“ zwei Künstlerinnen und zwei Künstler zu finden, die in vier Frankfurter evangelischen Kirchen mit den Räumen oder dort vorhandenen Kunstwerken kommunizieren.
Nicht immer aber läuft die Zusammenarbeit konfliktfrei. Mit mehr als elftausend Farbquadraten hatte vor einigen Jahren Gerhard Richter das Südquerhausfenster des Kölner Doms gestaltet und damit gleichermaßen Begeisterung und Ablehnung hervorgerufen. Einer der vehementesten Kritiker war Kardinal Joachim Meisner, damals als Erzbischof von Köln sozusagen Herr des Gotteshauses – ihm fehlte ein offenkundiger Verweis auf das Christentum. Der Medienwissenschaftler Wolfgang Ullrich kann das nachvollziehen. Bei einem Symposium zum Thema „Im Auftrag – Kunst und Kirche oder: Wie frei ist die Kunst?“ sagte er, die Auftraggeber wären damals „zu nachsichtig gegenüber der Genialität des Künstlers“ gewesen.
„Richter hat auf die Maßwerke der Fenster keine Rücksicht genommen und ist in der Arbeit omnipräsent.“ Dass er von Kunstkritikern „bisweilen fast vergöttlicht“ wurde, schreibt Wolfgang Ullrich den modernen Formen der Auftragsverhältnisse zu: „Der Künstler ist ein Genie, der Auftraggeber eine profane Gestalt.“ In den Blütezeiten der Auftragskunst hingegen, in der Renaissance und im Barock, hätten beide Seiten als gleichgestellte Persönlichkeiten gegolten.
Anders sah das Barbara Schock-Werner, die damals als Dombaumeisterin den Auftrag an Gerhard Richter vergeben hatte. Richter habe sich fünf Jahre lang intensiv mit der Aufgabe auseinander gesetzt. Zwanzig Entwürfe sei sie damals mit ihm durchgegangen, erst mit den Farbquadraten waren beide dann zufrieden.
Doch auch ihr bereitet so manche kirchliche Auftragskunst Unbehagen. Zum Beispiel, wenn sich Objekte kaum auf die Umgebung beziehen, Fenster als Leinwand benutzt werden oder das Kunstwerk den ganzen Raum dominiert: „Der Künstler muss sich auf den Ort einlassen und bereit sein, mit dem Auftraggeber zu kooperieren.“ Wenn dies geschehe, gebe es aber „keine Einschränkung der Freiheit der Kunst“.
Der Künstler Michael Triegel findet den Dialog mit dem Auftraggeber bereichernd. Dass Vorstellungen und Wünsche mitunter auseinanderklaffen sei normal, darüber zu reden ein produktiver Prozess. „Ich habe dabei schon viel gelernt.“ Dass er selbst „nach vier Altarbildern, einem Deckengemälde und einem Glasfenster den Stempel als Kirchenmaler erhalten“ hat, ärgert ihn trotzdem.
Die Ausstellungsreihe „Interferenzen“ läuft noch bis zum 18. November: Flyer als PDF.
Mehr über die Austellung von Susa Templin in der Epiphaniaskirche.