Weihnachten steht vor der Tür. Für viele Männer könnte es dort ganz gut stehen bleiben. Ja, an Gott glauben sie schon irgendwie, und Familie ist natürlich auch schön – aber dieser ganze Rummel über mehrere Tage, muss das sein?
Damals, als er noch ein kleiner Junge war, hat er Weihnachten ganz anders erlebt, erzählt ein Bekannter. Der Vater war da und er hatte Zeit, den ganzen Tag. Ob das neue Spielzeug ausprobiert wurde oder die Familie gemeinsam spazieren ging: „Es war einfach gut, dass Vater da war. Eine schöne Erinnerung!“
Eine Erinnerung, die aber auch zeigt, dass es noch vor wenigen Jahrzehnten für viele Kinder etwas ganz Besonderes war, wenn der Vater einmal zuhause war und Zeit für sie hatte.
Heute sind Väter auf der Suche nach einer neuen Rolle. Sie wollen sichtbarer Teil der Familie sein, nicht nur an Sonn- und Feiertagen. Sie suchen eine echte Beziehung zu ihren Kindern und wollen nicht nur das Geld ranschaffen. Es ist nicht leicht, diese neue Vater-Rolle mit Leben zu füllen. Nicht nur, weil Vorbilder aus der eigenen Kindheit fehlen. Widersprüchliche Erwartungen können auch überfordern: Nun soll man neben Super-Mann und Super-Ernährer auch noch ein Super-Papa sein!
Und dann kommt auch noch Weihnachten, wo erst recht alles super sein muss. So will es schließlich der „Heilige-Familie-Weihnachtskitsch“. Doch wenn man nachliest, was eigentlich in der Weihnachtsgeschichte steht, dann kann man das auch ganz anders sehen.
Sicher, Weihnachten ist ein Familienfest – jedoch kein Fest einer heilen oder gar Super-Familie. Und das liegt an Josef, dem anscheinend etwas nutzlosen Mann aus dem Hintergrund der Krippenszene. Nur ein einziges Mal tritt Josef allein ins Rampenlicht: Im Matthäusevangelium (Kapitel 1, 18–22) wird erzählt, wie er mit seiner Rolle als Ehemann und Vater ringt.
Die Geschichte spielt kurz nach seiner Hochzeit mit Maria, und noch bevor sie zu ihm zieht. Josef erfährt, dass Maria schwanger ist. Er denkt daran, sie zu verlassen. Heimlich still und leise will er gehen, vielleicht, damit jeder die Schuld bei ihm sucht. Die Leute würden denken: „Typisch, ein Mann schwängert eine Frau und verschwindet.“
Doch dann hat Josef einen Traum: Ein Engel erklärt ihm, dass der Heilige Geist Marias Schwangerschaft bewirkt hat. Josef bleibt und holt Maria zu sich. „Fromm“ soll Josef gewesen sein, steht da. Hat Josef sich vom Engel deshalb überzeugen lassen, weil er fromm ist? Oder war es einfach Liebe? Martin Luther zumindest meinte, im Handeln Josefs eine besondere Liebe zu erkennen – eine Liebe, die nicht nach dem Gesetz fragt, sondern einen Skandal vertuscht. So oder so: Josef steht zu Maria und ihrem Kind. Ich stelle ihn mir vor als einen selbstbewussten Mann, der seinen eigenen Weg geht, abseits der üblichen Pfade der damaligen Männergesellschaft. Und ich vermute, Josef war auch ein starker Vater, der seinem Sohn ordentlich Selbstvertrauen mit auf den Weg gegeben hat.
Konkreteres über Josefs Beziehung zu Jesus ist aus den biblischen Geschichten allerdings nicht zu erfahren. Josef, der Vater, bleibt unscheinbar. Auch wenn er viel auf sich genommen hat, taugt er als Heldenfigur wenig. Vielleicht ist er gerade damit uns Männern von heute nahe. Auch wir versuchen, das Richtige im Leben zu tun und abseits ausgetretener Männerpfade unsere Stärke weiterzugeben. Wir wollen im Beruf erfolgreich sein, liebevolle Ehemänner und außerdem verantwortungsvolle Familienväter. Was dabei herauskommt ist meist unspektakulär und sicher nicht perfekt, aber vielleicht gerade deswegen gut.
Weihnachten steht vor der Tür. Vielleicht können wir es ja mehr zu einem Vater-Fest machen. Oder wir nehmen es einfach, wie es kommt. Um Gottes und der Liebe willen.