Wo das urbane Nordend ganz bei sich ist: Die Petersgemeinde hat sich durch die Gentrifizierung ganz schön verändert.
Wo feiert die Frankfurter Petersgemeinde ihre Gottesdienste? In der Peterskirche jedenfalls nicht, denn die wird seit acht Jahren als Jugendkulturkirche genutzt. Wer eine Predigt von Pfarrerin Lisa Neuhaus oder Pfarrer Andreas Hoffmann hören möchte, muss ein bisschen weiter nach Norden zur Epiphaniaskirche an der Ecke Oeder Weg/Holzhausenstraße. Dorthin, wo das urbane Nordend ganz bei sich ist.
„Ich sage immer, unsere Kirche ist die gegenüber vom Bio-Supermarkt“, sagt Andreas Hoffmann und lacht freundlich. „Dann wissen alle sofort, wo das ist.“ Die Epiphaniaskirche wurde Anfang der 1950er Jahre aus der Ruine der alten Immanuelkirche nach Plänen des Architekten Karl Wimmenauer neu erbaut und ist heute Kulturdenkmal. Hoffmann freut sich immer wieder aufs Neue über den luftigen, hellen Charakter des Raumes. „Ein sehr schöner, attraktiver Ort.“
Mit rund 4500 Mitgliedern ist die Petersgemeinde, deren Gebiet vom Ostteil der Zeil bis zum Hauptfriedhof reicht, eine der großen in Frankfurt. Ihren Charakter hat sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark verändert, berichtet Lisa Neuhaus, die vor 21 Jahren als Pfarrerin hier anfing. „Damals wohnten in der Gegend viele alte Menschen, es gab weitaus mehr Beerdigungen als Taufen.“ Doch als in Frankfurt wie in den meisten Großstädten die Mieten in den innenstadtnahen Quartieren anstiegen, erlebte die Pfarrerin hautnah, was „Gentrifizierung“ bedeutet: Menschen mit weniger hohen Einkommen ziehen weg, während Singles, Paare und Familien mit guten Gehältern in solchen urbanen Gründerzeitvierteln ihr Zuhause suchen und finden. Bio-Supermärkte, Galerien und teure Autos tauchen im Straßenbild auf.
Für die Petersgemeinde brachte das durchaus positive Entwicklungen. Das gut situierte Bildungsbürgertum schätzt Kunst und Tradition, es steht der Kirche eher nahe, was nicht nur mit der anspruchsvollen Kirchenmusik zu tun hat, für die in der Petersgemeinde Kantor Michael Riedel sorgt. Oder damit, dass renommierte Künstlerinnen und Künstler in der Epiphaniaskirche ausstellen. „Wir erleben einen richtigen Boom bei den Taufen“, sagt Andreas Hoffmann. „Auch in die normalen Gottesdienste kommen achtzig bis hundert Leute.“
Hoffmann, der wie viele im Nordend die meisten Wege mit dem Fahrrad zurücklegt, war vor seiner Zeit in der Petersgemeinde Museumspfarrer in Frankfurt. Der 50 Jahre alte gebürtige Münchner fand über ein Kunststudium zur Theologie. Im Sommer wird er einen neuen Kollegen oder eine neue Kollegin bekommen, denn Lisa Neuhaus geht in den Ruhestand. Wer auch immer es sein wird, findet eine quicklebendige Gemeinde vor, voller Menschen, die sich engagieren.
Nicht nur für Kunst und Kultur, sondern auch für Benachteiligte. Obdachlose und Menschen mit wenig Geld können im Turmcafé essen, außerdem gibt es mehrmals pro Woche Deutschunterricht für Flüchtlinge. Und es gibt „Lebenswortgruppen“ aus jeweils etwa sieben Personen, die sich einmal im Monat treffen, um über einen bestimmten Text oder einen kurzen Ausschnitt aus der Bibel zu sprechen.