Dafür braucht man höchste Konzentration: In der Erlösergemeinde in Oberrad kann man gemeinsam klöppeln. Das traditionsreiche Handwerk finden heute sogar auch Schülerinnen wieder attraktiv.
Ein Wald aus silbrigen Stecknadeln steckt dicht an dicht im Klöppelbrett von Gisela Peickner. Dazwischen spannen sich feine weiße Fäden, die um hölzerne Klöppel gelegt sind. Die Klöppel klackern kaum merklich, wenn Peickner sie, nach einem genauen Blick auf die technische Zeichnung, je zwei und zwei blitzschnell umeinander wirft. Ganz langsam entsteht ein unglaublich zarter, ganz fein gewebter Rand aus flandrischer Spitze, der später einmal eine Decke einfassen wird Es ist Donnerstagnachmittag im Gemeindesaal der Erlösergemeinde in Oberrad. Zehn Frauen sitzen um einen langen Tisch herum, die Atmosphäre ist ruhig und konzentriert, Gesprächsfetzen fliegen hin und her. Manche kommen schon seit vielen Jahren, alles gestandene Frauen, die meisten schon aus dem Berufsleben ausgeschieden.
Unter Claudia Schupps Händen entstehen fein gewirkte Engel aus weißen und golden schimmernden Fäden. Auch als sie noch LKW fuhr und schwere Kisten auf Wochenmärkten schleppte, hatte die schlanke Frau mit den dunklen Haaren die Kunst des Klöppelns schon erlernt: Seit dreißig Jahren ist sie dem Handwerk treu geblieben: „Das ist mein Hauptding“, sagt sie und lacht. „Beim Klöppeln vergisst man alles, da darf man nichts auf dem Herd haben“, ergänzt Gisela Peickner. Besonders reizt sie, „dass man sich beim Klöppeln konzentrieren und logisch denken muss.“
Eine zauberhafte Zeichnung mit Hänsel und Gretel ziert die Rolle, an der Ilse Weiß klöppelt. Die Frankfurterin arbeitet frei nach Märchenmotiven an fein gewirkten Bildern für ihre Enkelin. Auch beinahe täglich zuhause: „Ich finde es sehr entspannend, an meinem Klöppelkissen zu sitzen. Mich faszinieren alte Techniken, und es macht Spaß, zu sehen, wie etwas entsteht.“ Vom Korbflechten über Schmuck Herstellen bis hin zu Handarbeiten hat sie vieles ausprobiert, „aber man muss sich auf eine Sache konzentrieren, sonst kann man sich nicht weiterentwickeln.“
Leinenschlag, dann Halbschlag, Ganzschlag, kreuzen, drehen: Birgit Lenz steht mit Grubenlampe über ihr Klöppelbrett gebeugt, neben sich Erika Buchwald, die das Klöppeln für Kinder und Erwachsene in der Erlösergemeinde anleitet. Die blonde Frau ist neu dabei, hat in Büchern nachgelesen über die Haltung der Klöppel, die Haltung der Hände. Gerade fertigt sie ein Lesezeichen. Auf dem Museumsuferfest hat sie die Oberräder Klöppelgruppe entdeckt und war sofort fasziniert. „Am Anfang braucht man eine große Frustrationstoleranz, das geht nicht zack, zack…“ Birgit Lenz kommt aus der Nuklearmedizin und hatte dort mit den kleinsten Einheiten zu tun. Jetzt ist sie auch handwerklich beim ganz Feinen angekommen.
Zum Klöppelkreis in Oberrad reisen Frauen aus Riedstadt und Neu-Isenburg an, denn im Rhein-Main-Gebiet gibt es nur wenige Orte, wo Gleichgesinnte gemeinsam klöppeln können. Wer neu beginnt, kann Kissen und Klöppel erstmal leihen.
Von nebenan kommen Schulkinder, die gerade ihre Klöppelkissen auspacken. „Die Gruneliusschule bietet Klöppeln in der Nachmittagsbetreuung an“, erklärt Erika Buchwald. Die Schülerinnen klöppeln besonders gerne Freundschaftsbändchen und lernen so die alte Technik. Auch sie sind fasziniert: „Wer kommt, bleibt dabei.“
Caroline Krimm schrieb am 12. Dezember 2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
wann und welche Tag ist die Klöppelkreis
statt ? Ich möchte und würde gerne mal vorbei schauen und evtl. mitmachen .
Freundliche Grüße
Caroline Krimm
Antje Schrupp schrieb am 13. Dezember 2016
Liebe Frau Krimm, der Artikel ist ja schon etwas älter, bitte fragen Sie direkt in der Gemeinde nach!