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Von – 3. Mai 2016

30 Jahre „Tamara“: Konsequent für Schutz und Rechte von Prostituierten

Seit drei Jahrzehnten finden Frauen aus dem Sexgewerbe in Frankfurt bei der evangelischen Beratungsstelle „Tamara“ Hilfe und Unterstützung. Jetzt wurde das Jubiläum im „Pik Dame“ gefeiert.

29.04.2016: 30 Jahre „TAMARA – Beratung und Hilfe für Prostituierte“ Feier ab 18 Uhr im „Pik-Dame“ in der Elbestraße 29.

Jubiläumsfeier im „Pik Dame“: Seit 30 Jahren ist die evangelische Beratungsstelle „Tamara“ in Frankfurt eine Anlaufstelle für Frauen, die als Prostituierte arbeiten. Foto: Ilona Surrey

Das Nachtlokal „Pik Dame“ mit seiner kleinen Bühne ist bei den Szenegängern im Bahnhofsviertel angesagt. Doch für Uneingeweihte ist die Elbestraße 31 eher eine anrüchige Adresse mitten im Rotlichtviertel. Aber genau hierhin, in das plüschige erotische Lokal, hatte die Beratungsstelle „Tamara“ eingeladen, um ihr 30jähriges Jubiläum zu feiern. „In diesem Viertel arbeiten die Frauen, mit denen wir zu tun haben, die wir beraten und denen wir helfen wollen, einen Ausstieg aus der Prostitution zu finden“, erklärt Mitarbeiterin Petra Weigand. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen steht sie vor dem Eingang, begrüßt Gäste, Vertreter der Stadt, Vereinsvorstände und Klientinnen. Vom Ort der Feierlichkeit sind es nur wenige Schritte zu den Bordellen, Sexshops, Spielkasinos und Stundenhotels. Obdachlose und Drogenabhängige geraten in den Blick, es ist schmuddelig auf den Straßen, und in den Hauseingängen riecht es nach Urin.

„Ohne Tamara hätte ich es nie geschafft, mit dieser Arbeit aufzuhören“, sagt tief berührt Johanna M. (Name geändert), eine ehemalige Klientin. Sie sei als junge Frau aus Ungarn gekommen und habe dann in einem FKK-Club als Prostituierte gearbeitet. Ein Kunde habe ihr geraten, sich an Tamara zu wenden. Denn unerträglich sei ihre Lebenssituation gewesen als Fremde in einem Land, dessen Sprache sie nicht kannte, mit zwei kleinen Kindern und einem gewalttätigen Mann. „Wir haben ihr geholfen, den Mann aus ihrem Leben zu verbannen, das Schuldenproblem zu bewältigen, Wohnung und Arbeit zu finden“, erzählt Fabienne Zwankhuizen, ihre Beraterin von damals. Sie hätten damals eine völlig verängstigte und eingeschüchterte junge Frau vor sich gehabt, die nach einem Ausweg suchte. „Ich habe so viel Kraft dazu gewonnen, arbeite jetzt ganz normal und führe ein tolles, ruhiges Leben“, sagt Johanna M.

„Tamara ist aktuell wie nie“, erklärt Pfarrer Michael Frase, der Leiter der Diakonie Frankfurt. Vor dreißig Jahren sei in einer mutigen Entscheidung die Kontaktstelle für Prostituierte gegründet worden, in gemeinsamer Trägerschaft von Diakonie und Evangelischem Verein für Innere Mission. „Wir wollen gemeinsam daran mitwirken, die prekäre Lebenssituation der Frauen zu verbessern und den Ausstieg zu unterstützen.“ Verändert habe sich die Herkunft der Klientinnen, sie kämen heute vorwiegend aus Osteuropa, aus Afrika und Lateinamerika.

„Prostitution ist kein Job wie jeder andere. Er beinhaltet körperliche Berührungen, die gewöhnlich der Privatsphäre zugeordnet werden“, erklärt Maria Loheide vom Vorstand der Diakonie Deutschland in ihrem Festvortrag. Prostitution sei einer immensen ethisch-moralischen Aufladung ausgesetzt. Die Frauen würden verachtet und ausgegrenzt und seien in einem Dienstleistungsgewerbe tätig, das von kriminellen Strukturen geprägt sei. „Wir treten konsequent für den Schutz und die Rechte der betroffenen Frauen und Männer ein“, erklärte Loheide. Es sei notwendig, den „Grauen Markt“ zwischen legalen sexuellen Dienstleistungen auf der einen Seite und strafbaren Menschenhandel und ausbeuterischer Praxis auf der anderen Seite gesetzlich einzudämmen.

Ihr Arbeitsumfeld als „Sexarbeiterin“ stellte Stefanie Klee aus Berlin offen dar. Klee ist eine der Stimmen im Prostitutionsgewerbe, die Mitsprache, Respekt und Wertschätzung für einen geächteten Berufsstand verlangen. Beratungsstellen wie Tamara seien unverzichtbar und „Oasen in einer unbarmherzigen Umgebung“, erklärte Klee.

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 3. Mai 2016 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe , .

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