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Von – 8. Juni 2016

Trotzdem Aktiv – ein Angebot für Demenzkranke im Frankfurter Norden

Trotzdem Aktiv: Unter diesem Motto kümmert sich ein Verein in Kalbach tagsüber um Menschen mit Demenz und anderen kognitiven Einschränkungen. Räume gefunden hat er in der Miriamgemeinde.

Hannelore Schüssler (links) und ihr Team gestalten Alltag mit Demenzkranken. Foto: Ilona Surrey

Hannelore Schüssler (links) und ihr Team gestalten Alltag mit Demenzkranken. Foto: Ilona Surrey

Herr Gerhard hält den Fächer mit den Spielkarten so fest in der Hand, dass es ihm schwerfällt, sie zu sortieren. Aber worauf es beim Rommé-Spielen ankommt, weiß er ganz genau. Herr Höfler, der an ein Sauerstoffgerät angeschlossen ist, das in einem kleinen Rucksack neben ihm steht, hat die Spielkarten an alle am Tisch verteilt, aber waren es jetzt 16 oder 17? „Damit Sie auf jeden Fall einen Joker bekommen“, scherzt Hannelore Schüssler. „Genau!“ sagt Höfler. Er strahlt, denn er liebt Kartenspielen.

„Es kommt nicht darauf an, dass alles ganz perfekt läuft“, sagt Schüssler, „sondern darauf, dass sich hier alle wohlfühlen und ein wenig Feinmotorik und Gehirn trainieren.“ Die Demenzfachkraft im Ruhestand hat den gemeinnützigen Verein „TrotzDem Aktiv“ gegründet, ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit Demenz und anderen kognitiven Einschränkungen, etwa als Folge von Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Hirnblutungen. Der Verein will ihnen helfen, einen Alltag zu haben: Spielen und basteln, kochen und einkaufen, spazierengehen – solange wie möglich.

Auch Menschen im Rollstuhl sind willkommen. Wie der alte Herr Müller, der an diesem Morgen auf seine Weise am Kartenspiel teilnimmt. Er hat die Augen geschlossen, seine Hände sind verkrampft. Schüssler gibt ihm zwei Tennisbälle in die Hände, um sie ein wenig zu lockern. Wenn sie ihn mit Schokoladenkuchen oder Tee füttert, öffnet er bereitwillig den Mund. Er scheint das Wohlwollen zu spüren.

Schüssler hat für ihren Verein Räume im Gemeindezentrum der Miriamgemeinde in Kalbach gemietet. „Es ist uns nicht leicht gefallen, diese Räume abzugeben “, sagt Pfarrer Richard Birke. „Aber wir sind sehr froh, dass genau dieses Projekt hier eine Heimat gefunden hat.“ Ein Drittel seiner Seelsorgegespräche habe mit Demenz zu tun. Einige aus der Gemeinde arbeiteten auch ehrenamtlich bei TrotzDem-Aktiv mit. „Die Konfession spielt aber keine Rolle“, sagt Schüssler, die selbst katholisch ist. „Auf das Herz kommt es an. Ob es jemand gelingt, eine Beziehung zu einem eingeschränkten Menschen aufzubauen.“

Das Betreuungsangebot steht an fünf Tagen in der Woche von 9 bis 17 Uhr zur Verfügung, zweimal im Monat auch samstags und einmal sonntags. Länger als fünfeinhalb Stunden darf aber niemand bleiben, denn sonst wäre es eine Tagespflegeeinrichtung. Manche Klienten werden nur an einem Tag gebracht, andere an allen. Die meisten kommen aus dem Frankfurter Norden, aber „wir schicken auch aus anderen Stadtteilen niemanden weg“, sagt Schüssler. Wer sonntags kommt, darf mit in den Gottesdienst gehen, der im Kirchenraum des Zentrums stattfindet.

Im Rahmen der Aktionswoche „Gut älter werden in Frankfurt“ findet dort am 17.7 ein Demenzgottesdienst statt. „Mit alten Liedern und alten Gebeten“, sagt Schüssler. „Das rührt bei allen die Erinnerung an.“

Artikelinformationen

Beitrag von , veröffentlicht am 8. Juni 2016 in der Rubrik Lebenslagen, erschienen in der Ausgabe , .

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Stephanie von Selchow ist Redakteurin von "Evangelisches Frankfurt".