Das muss endlich anerkannt werden, auch finanziell
Natürlich, sie produziert nichts. Sie generiert kein Geld, sie vermehrt kein Geld. Die Krankenschwester, die ich für eine Reportage einen Vormittag lang begleiten durfte, arbeitet mit etwas Wertvollerem: mit Menschen.
Menschen, die krank sind, Menschen, die alt sind, Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen. Für einige ist sie der einzige regelmäßige soziale Kontakt, den sie haben. Sie versorgt nicht nur Wunden, sie hat den ganzen Menschen und das Umfeld im Blick. Das ist kein gemütlicher Job, bei dem man plaudernd mal einen Verband wechselt. Die Krankenkassen machen nahezu unmögliche Vorgaben: vier Minuten fürs Insulin Spritzen, zwei Minuten, um Kompressionsstrümpfe anzuziehen, acht Minuten Fahrtzeit zum nächsten Patienten. Dabei immer freundlich sein, möglichst viel Positivität ausstrahlen. Schichtdienst und frühes Aufstehen.
Examinierte Krankenschwestern oder -pfleger können nach vielen Dienstjahren allerhöchstens 3412 Euro brutto verdienen: vorausgesetzt sie sind dann körperlich noch fit genug, um Vollzeit zu arbeiten. Für viele, die in Finanzberufen arbeiten, ist das gerade mal ein Einstiegsgehalt.
Mag sein, dass das den Gesetzen der Marktwirtschaft entspricht. Leistungsgerecht ist es nicht. Eine Krankenschwester in der häuslichen Pflege leistet enorm viel: Sie braucht ein hohes Maß an praktischer und sozialer Intelligenz, sie übernimmt Verantwortung, sie muss physisch und psychisch äußerst stabil sein. Diese Leistung muss anerkannt werden, auch finanziell. Menschen, die sich um Menschen kümmern, müssen besser bezahlt werden. Sie müssen sich zum Beispiel ein Leben in Großstädten wie Frankfurt leisten können.
Das gilt im Übrigen auch für Erzieherinnen, Sozialpädagoginnen, Grundschullehrerinnen und andere so genannte „Frauenberufe“. Alle diese
Care-Berufe sind schlechter bezahlt als so genannte „Männerberufe“. Auch das ist nicht gerecht. Denn die geleistete Arbeit ist nicht weniger wert. Ohne sie würde unsere Gesellschaft gar nicht funktionieren.